Donnerstag, 22. Dezember 2016

Vorschau Januar

Am Montag, dem 16. Januar 2017 um 20 Uhr findet im Rahmen von Jazz in der Kammer ein Konzert unter dem Titel "Ein wahres Elend, der verdammte Krieg" statt. Der 16. Januar ist der Gedenktag der Zerstörung Magdeburgs im Jahr 1945. Warnfried Altmann und Hermann Naehring (die in den gedruckten Programmen angekündigte Johanna Mohr kann nicht auftreten) stellen diesen Anlass in den Mittelpunkt ihrer Musik.
Warnfried Altmann – Saxophon
Hermann Naehring – Schlagwerk, Percussion
Warnfried Altmann und Hermann Naehring
im Foyer des Forum Gestaltung (Archivfoto, 2015)

Norbert Pohlmann schrieb in seiner Ankündigung:

Die Reihe Jazz in der Kammer findet seit über 25 Jahren – seit letztem Herbst bekanntlich im Forum Gestaltung – immer am dritten Montag im Monat statt.

In diesem kalten Januar ist das der 16. Ein Datum, das das Forum Gestaltung seit seinem Bestehen zum Anlass nimmt, mit außergewöhnlichen Konzerten an die Zerstörung der Stadt im zweiten Weltkrieg zu erinnern. Am kommenden Montag nehmen Warnfried Altmann und Hermann Naehring die Herausforderung an, beide Traditionen zu verbinden. In einem Konzert für Schlagwerk und Saxofon
werden sie die Möglichkeiten des Jazz, der freien Improvisation ausloten, ausschöpfen, frei und hemmungslos Klangwelten schaffen voller Intuition, Emotionalität, Intensität. Es wird keine politische Kunst sein, die entsteht, aber sie will und wird politisch sein, angesichts des historischen Anlasses und der bedenklichen Gegenwart im Land. Und der Welt. Die eingefangen wird durch besondere musikalische Akzente, arabische Skalen zum Beispiel. Und syrische Texte, geschaffen und gelesen von Mohamad Issa, der seit einem Jahr in Magdeburg lebt, geflohen aus einem Krieg, der jetzt schon so lange währt wie der 2. Weltkrieg insgesamt. An dessen Ende lag Magdeburg in Schutt und Asche. Woran wir erinnern jährlich am 16. Januar. Ratloser werdend, aber nicht ohne Hoffnung.

„Magdeburg lebt!“ war der hoffnungsheischende Titel der Neuaufbau-Ausstellung 1947 in Magdeburg. Wilhelm Deffke, bis 1933 und noch einmal kurz nach 1945 Direktor der damaligen Kunstgewerbe- und Handwerkerschule, schuf das Plakat zur Ausstellung: einen aufsteigenden Phönix (jüngst im Forum-Projekt „maramm“ umfassend gewürdigt). Kein schlechter Grund für ein Konzert an eben diesem Ort, dessen Innenhof später zum stillen Gedenken einlädt – beim Hören der Magdeburger Kirchenglocken, die um 21.28 Uhr an den Beginn des Bombardements an jenem Wintertag des Jahres 45 erinnern.

Mittwoch, 21. Dezember 2016

Vorschau 2017

Für das Jahr 2017 hat Warnfried Altmann das Klavier in den Mittelpunkt der Konzerte von Jazz in der Kammer gestellt. Einige der Musiker waren bereits in anderen Besetzungen bei Jazz in der Kammer zu hören, andere sind das erste mal in Magdeburg. Herausgekommen ist auf jeden Fall ein Programm, das wieder neugierig auf Musik macht. Mit Jazz in der Kammer eng verbunden sind die Magdeburger Jazz-Tage, die 2017 zum zweiten mal stattfinden. Die Stadt Magdeburg unterstützt dieses Festival als Bestandteil der Bewerbung um die Kulturhauptstadt. Diese Förderung der Kultur auch abseits des Mainstream kann ich nur begrüßen. 

Eine Neuerung wird es im kommenden Jahr geben: eine Jahreskarte zum Preis von 100 Euro/ ermäßigt 65 Euro, was einem Rabatt von 25 Prozent entspricht. Ab sofort sind diese Karten im Forum Gestaltung zu bekommen.


Die Konzerte im Einzelnen:

16.01.17, 20:00 Uhr
Konzert zum Gedenken an die Zerstörung Magdeburgs am 16.01.1945 mit
Warnfried Altmann – Saxophon
Hermann Naehring – Schlagwerk

20.02.17, 20:00 Uhr
Louis Rastig – Piano
Conny Bauer – Posaune

20.03.17, 20:00 Uhr
Julia Hülsmann Trio
Julia Hülsmann – Piano
Marc Muellbauer – Bass
Heinrich Köbberling – Schlagzeug

20. – 23.04.17, Magdeburger Jazztage
Zu diesem Anlaß wird es eine separate Ankündigung geben.

15.05.17, 20:00 Uhr
Benedikt Jahnel Trio (D, ES, CA)
Benedikt Jahnel – Piano
Antonio Miguel – Bass
Owen Howard – Schlagzeug

19.06.17, 20:00 Uhr
ROPE (D, NL, UK)
Uwe Oberg – Piano
Frank Paul Schubert – Sopransaxophon
Wilbert de Joode – Bass
Mark Sanders – Schlagzeug

Juli/August – Konzertpause

18.09.17, 20:00 Uhr
Werner Kirschbaum Trio (D, USA)
Werner Kirschbaum – Piano
Matthias Schubert – Saxophon
Lou Grassi – Schlagzeug

16.10.17, 20:00 Uhr
Maria Baptist Trio
Maria Baptist – Piano
Ralph Grässler – Bass
Roland Schneider – Schlagzeug

20.11.17, 20:00 Uhr
Charles Gayl Trio (USA, Polen)
Charles Gayl – Piano, Saxophon
Ksawery Wojcinski – Bass
Max Andrzejewski – Schlagzeug,

18.12.17, 20:00 Uhr
Gilbert Paeffgen Trio (Schweiz)
Yves Theiler – Piano
Gilbert Paeffgen – Schlagzeug/Hackbrett
Claude Meier – Bass

Montag, 19. Dezember 2016

Schlippenbach-Trio

Bei Jazz in der Kammer stand heute das Schlippenbach-Trio auf der Bühne im Forum Gestaltung:
Alexander von Schlippenbach – Piano
Evan Parker – Saxophon
Paul Lytton – Schlagzeug

Alexander von  Schlippenbach ist einer der ganz alten Vertreter des Free Jazz in der Bundesrepublik, wobei das "alt" hier nicht für sein Alter von 78 Jahren, sondern für seine lange Erfahrung mit der improvisierten Musik stehen soll. Seit den 50er Jahren, als er in Köln Musik studierte, spielt er Jazz, bald auch in dessen freiester Form. Diese Musik präsentierte er auch mit seinem Trio, gemeinsam mit den beiden britischen Musikern Evan Parker (Saxophon) und Paul Lytton (Schlagzeug), den Magdeburger Konzertbesuchern.

Zu Beginn ist das Konzert noch ruhig. Alexander von Schlippenbach gibt einige beständig wiederholte Akorde vor, die er zu Klavierläufen erweitert, zwischen Harmonien und Disharmonien wechselnd. Allmählich mischt Paul Lytton Schlagzeugrhythmen hinzu, immer wilder werdend und die Geschwindigkeit steigernd. Das Ohr des Zuhörers ist herausgefordert, das alles zu sortieren und zu ordnen. Als Evan Parker sein Saxophon ertönen läßt, ist das wie ein erlösender Moment: langsamere Strukturen geben Orientierung. Bald wird klar, auch das ist nicht von Dauer, das Sax wird ebenso Teil der Improvisation.

Freitag, 25. November 2016

Vorschau Dezember

Am Montag, dem 19. Dezember 2016, ist im Forum Gestaltung das Alexander-von-Schlippenbach-Trio bei Jazz in der Kammer zu Gast:
Alexander von Schlippenbach – Piano
Evan Parker – Saxophon
Paul Lytton – Schlagzeug
Das Schlippenbach-Trio bei Jazz in der Kammer
im Schauspielhaus. (Archivfoto, 2013)

Das Trio macht auf seiner "Winterreise-2016"-Tour Station in Magdeburg. Schon vor drei Jahren war das Trio, damals in etwas anderer Besetzung, bereits bei Jazz in der Kammer zu Gast. Wir dürfen uns auf lange Klavierpassagen ebenso freuen wie auf starke Improvisationen aller drei Musiker.

Montag, 21. November 2016

Andreas-Willers-Septett

Heute stand das Andreas-Willers-Septett auf der Jazz-Bühne des Forum Gestaltung.
Matthias Schubert – Saxophon
Tom Arthurs – Trompete
Benjamin Weidekamp – Saxophon, Klarinette, Bassklarinette
Jörg Huke – Posaune
Andreas Willers – Gitarre, Komposition
Meinrad Kneer – Bass
Christian Marien – Schlagzeug

Das Septett um Andreas Willers begann mit "Tell me", rhythmisch so abgestimmt – und von den sieben Musikern auf den Punkt genau gespielt –, daß alle Musiker scheinbar immer genau ein kleines bißchen versetzt zueinander sind, dabei aber immer weiter zueinander kommen, bis sich am Ende daraus eine gemeinsame und dann auch rhythmisch übereinstimmende Melodie ergibt. Eine bordunartige Grundstimmung mit Einsatz des Blechs aus vollen Rohren, von Christian Marien am Schlagzeug kraftvoll begleitet. Musikalisch sehr kompliziert komponiert und dennoch eine sehr lebendige Musik. Ein starker Beginn!

In dieser Weise geht es auch weiter – diesmal mit einem musikalischen Zwiegespräch zwischen Gitarre und Baß links und der Bläsergruppe rechts, die sich von einer zur anderen Seite der Bühne Melodiestücke zuspielen. Die Bläser dabei als große schnaufende Maschine und Andreas Willers Gitarre als Melodieinstrument ergeben einen Mix aus Expressivität und klaren Melodien. Intelligent und doch nicht verkopft. Experimentell, spielerisch, mit Spaß am Zuhören.

Freitag, 18. November 2016

Vorschau November

Am Montag, dem 21. November 2016, wird das Andreas-Willers-Septett auf der Jazz-Bühne des Forum Gestaltung stehen.
Matthias Schubert – Saxophon
Tom Arthurs – Trompete
Jörg Huke – Posaune
Andreas Willers – Gitarre, Komposition
Meinrad Kneer – Bass
Christian Marien – Schlagzeug 

Seit 2013 besteht die Berliner Neuauflage des vielbeachteten Andreas-Willers-Octet aus den 90er Jahren. So steht das Konzert am Montag auch unter dem Titel "7 of 8". Damals wie heute stehen den dicht und anspruchsvoll geschriebenen Themen expressive solistische und kollektive Improvisationen gegenüber, in denen es jenseits von Genre-Denken neben Wucht und Abstraktion um reine Musikalität geht, um überschäumende Spielfreude und gelegentlich auch mal um (selbst-)ironische Distanz.

Montag, 17. Oktober 2016

Uwe-Kropinski-Trio

Heute stand das Kropinski-Trio auf der Bühne des Forum Gestaltung.
Uwe Kropinski – Gitarre
Susanne Paul – Cello
Vladimir Karparov – Saxophon

Uwe Kropinski wird von Warnfried Altmann als "einer der bedeutendsten Gitarristen Deutschlands, ja sogar Europas" vorgestellt. Und in der Tat ist Kropinski einer der großen Virtuosen auf diesem Instrument. In seinem Trio steht er zusammen mit dem Saxophonisten Vladimir Karparov und der Cellistin Susanne Paul auf der Bühne.Gemeinsam stellen sie ihre neue CD "Elf Elfen Blues" vor.

Das Titelstück der CD beginnt leise und dennoch unverkennbar als Blues, wenngleich auch als ein ungewohnt instrumentierter. In die ruhigen Töne von Gitarre und Cello hinein erklingt plötzlich und laut Vladimir Karpovs Saxophon. Erst mit wenigen Tönen, später mit Melodien, die beinahe orientalisch klingen. Ein Blues, bei dem die Elfen wohl einiges verzaubert haben.

Donnerstag, 22. September 2016

Vorschau Oktober

Am Montag, dem 17. Oktober 2016, steht das Kropinski-Trio auf der Bühne des Forum Gestaltung.

Uwe Kropinski – Gitarre
Susanne Paul – Cello
Vladimir Karparov – Saxophon
Uwe Kropinski, einer der ganz großen Gitarrenvirtuosen, ist in vielen musikalischen Gebieten zuhause. In seinem Trio hat er eine ungewöhnliche Besetzung zusammengestellt, spielt zusammen mit dem bulgarischen Saxophonisten Vladimir Karparov und der deutsch-mexikanischen Cellistin Susanne Paul.

Kropinski habe ich schon einigemal live erleben dürfen und war jedesmal begeistert von seiner Art zu spielen. Daher bin ich nun gespannt auf die Musik des Trios. Die Videos auf Kropinskis Webseite lassen ein musikalisch äußerst interessantes Konzert erwarten.

In der Konzertankündigung heißt es:
Die erste gemeinsame CD "Elf Elfen Blues" war sogleich CD der Woche beim NDR. Ein Rezensent schreibt über eines der Stücke: "... eine Flamenco-Jazz-Demonstration mit geradezu ekstatischem Gitarrenspiel, begleitet von Perkussion.
Das ist so modern, phantasievoll und radikal, dass es viele anderweitige Bemühungen wie gefällige Fingerübungen aussehen lässt; niemals bleibt das Trio stehen bei den Fusionen aus den Sechziger- und Siebzigerjahren. Das ist frei und wild und abenteuerlich, doch nicht für einen Augenblick ungenießbar." (Michael Lohr “Akustikgitarre” 2014)
Susanne Paul spielt das Cello gezupft mit dem Groove eines Jazzbassisten, aber auch gestrichen mit großer Schönheit des Tones. Vladimir Karparov vereint hochvirtuoses Jazz-Saxophon-Spiel mit dem Klang seiner bulgarischen Heimat.


Eine herzliche Einladung!

Montag, 19. September 2016

Paul Brody: Sadawi

Beim ersten Konzert der 27. Spielzeit von Jazz in der Kammer stand Paul Brody mit seinem Projekt Sadawi auf der Bühne des Forum Gestaltung, mit einem Programm, dass sich zwischen Klezmer, Balkan-Klängen und Jazz bewegte. Das Konzert war eingebettet in die Tage der jüdischen Kultur und Geschichte im Forum Gestaltung.
Paul Brody – Trompete/Komposition
Christian Kögel – Guitarre
Christian David – Klarinette/Bassklarinette
Michael Griener – Schlagzeug

Das Konzert beginnt mit ruhigen Klarinettenklängen, in die später Paul Brodys Trompete einsetzt. Anschließend ein zartes musikalisches Zwiegespräch zwischen Christian Davids Baßklarinette und  Christian Kögels elektronischer Gitarre. Wo eben noch Klezmermelodien deutlich vernehmbar waren, gibt es nun Klänge wie aus sphärischen Welten, denen man ihren Ursprung kaum noch anhört. Als Paul Brody hinzukommt, wird die Musik kräftiger, bekommt drive, plötzlich hört man Musik, die in den Clubs der Großstädte entstanden sein könnte. New York oder Berlin, irgendwo, und Brodys Musik mäandert zwischen Großstadt und jüdischen Klezmermelodien. Mal klar erkennbar, wenn Brody mit David im Duo spielt und dieser jüdische Melodien anspielt, mal versteckter, wenn diese Melodien von der Band aufgegriffen und variiert werden.

Zum Start in die 27. Saison

Norbert Pohlmann und Warnfried Altmann traten vor dem Beginn des Jazz-Konzertes vor das Publikum, sprachen kurz zum Neustart der traditionellen Jazz-Reihe im Forum Gestaltung.
Norbert Pohlmann verlas den (hier im Blog bereits wiedergegebenen) Offenen Brief zum Neubeginn der Reihe und begrüßte die zahlreichen Gäste. Erfreulicherweise sah man neben vielen bereits aus den Konzerten im Schauspielhaus bekannten auch viele neue Gesichter im Publikum. Vielleicht lag das auch ein wenig an der Einordnung des Konzertes in die Tage der jüdischen Kultur und Geschichte im Forum Gestaltung, ganz sicher aber waren sehr viele auch extra wegen des Neuanfangs, genauer: wegen der Fortsetzung von Jazz in der Kammer gekommen. Warnfried Altmann zeigte sich "überglücklich über den vollen Saal".  Norbert Pohlmann verwies auf den Zusammenhang zwischen dem Jazz-Konzert und der Veranstaltungsreihe jüdischer Kunst und Kultur: "Gibt es denn eine bessere Beschreibung von Synergie, als die Ankündigung von Paul Brody mit seiner Verbindung von Klezmer und Jazz?".

Norbert Pohlmann (links) und Warnfried Altmann
begrüßten die Besucher des Konzertes.

Mittwoch, 7. September 2016

Offener Brief zum Neubeginn

Warnfried Altmann, seit 1990 künstlerischer Leiter, Organisator und Programmgestalter von Jazz in der Kammer, und Norbert Pohlmann, Geschäftsführer des Forum Gestaltung, laden in ihrem offenen Brief zum Neustart (genauer zur übergangslosen Fortsetzung) von Jazz in der Kammer im Forum Gestaltung in Magdeburg ein: 

Offener Brief

Jazz in der Kammer jetzt im Forum Gestaltung

Sehr geehrtes Publikum,
liebe Freundinnen und Freunde,

am dritten Montag im Juni, fand mit dem Quartett „Field“ das definitiv letzte Jazz-in-der-Kammer-Konzert im Foyer des Schauspielhauses des Theaters Magdeburg statt.
Wir bedauern das Ende einer sehr langen Tradition sehr. Alle beteiligten Musikerinnen und Musiker, aber auch das Publikum haben sich im Theater gut aufgehoben gefühlt und die Wertschätzung gespürt, die der Ort der Hochkultur dem modernen, zeitgenössischen Jazz entgegenbrachte.

Magdeburg und Jazz – es scheint eine reizend ambivalente Beziehung, allein sie wird lebendig bleiben, solange es Menschen gibt, die ihr Abgestorbensein beklagen würden.
Das, was wir zur Motivation zur Vorbereitung der ersten „Magdeburger Jazztage“ gesagt hatten, die im April dieses Jahres so erfolgreich die Stadt jazzten, ist uns auch jetzt Grundlage fürs Weitermachen: Wir brauchen diese Kunst, die inspirierende, nie oberflächliche Mischung aus freiheitsbewusster Individualität und kollektivem Miteinander, das Weltbürgerliche. Und wollen der Freiheit des Jazz, der Kunst des Einzelnen im gemeinschaftlichen Spiel und dem gemeinsamen Erleben weiterhin, kontinuierlich ein Podium in Magdeburg bieten.
„Jazz in der Kammer“ wird es zukünftig im Forum Gestaltung geben, wieder jeden dritten Montag im Monat. Dauerhaft. Aber nur (keine „Drohung“, sondern Realitätssinn in Zeiten Kulturverluste in Kauf nehmenden Handelns) wenn Sie, das Publikum, sich beteiligen. Denn anders als das Theater kann das Forum Gestaltung als privat organisierter, nicht institutionell geförderter Kunst- und Kultur-Verein keinen „Haushalt“ aufstellen, sondern muss für die Vorhaben jeweils (in der Regel viele verschiedene) Quellen erschließen. Und eine, materiell wie motivational sehr wichtige, sind die (nachfragenden) Zuschauer. Gemeinsam sollte es gelingen, die ebenso langjährige wie einzige Jazz-Konzert-Reihe in der Stadt fortzusetzen. An neuem Ort, dessen alte Geschichte so ambivalent ist wie die oben beschriebene Beziehung und dessen Genius loci beste Voraussetzungen bietet für die Kunst, Kultur zu gestalten.

Jetzt steht der dritte Montag im September bevor, und der „liegt“ mitten in den Tagen der jüdischen Kultur und Geschichte Magdeburg 2016, die – auch das schon Tradition zum 9. Mal vom Forum Gestaltung organisiert werden.  Gibt es eine bessere Umschreibung für Synergie als die Ankündigung von Paul Brodys Sadawi-Projekt, des gegenwärtig wohl aufregendsten Klezmer-Jazzprojekts. Genau damit beginnt Jazz in der Kammer jetzt im Forum am 19. September 2016.

Mit herzlichen Grüßen


Warnfried Altmann                        Norbert Pohlmann
Der Termin – der dritte Montag im Monat, Ausnahme der Sommerpause – ist den Magdeburger Jazz-Freunden gut bekannt. Dann wird es abends um 20 Uhr wieder heißen "ich wünsche uns, die Musiker eingeschlossen, ein schönes Konzert".

Samstag, 3. September 2016

Vorschau September – ein Neubeginn


Am 19. September 2016, am traditionellen, dem Magdeburger Jazz-Publikum vertrauten Termin am dritten Montag im Monat, startet Jazz in der Kammer in seine neue Saison, Inzwischen ist es bereits die 27. Neu ist allerdings der Veranstaltungsort: ab jetzt gibt es Jazz in der Kammer immer im Forum Gestaltung in der Brandenburger Straße in Magdeburg. Mitten im Stadtzentrum und nahe dem Hauptbahnhof. Der Umzug wurde notwendig, weil das Magdeburger Theater die Jazz-Reihe nicht mehr fortführen wollte.
Die neue Spielstätte ist durch die Stadt Magdeburg finanziell nicht so komfortabel wie das Theater ausgestattet. Um so mehr ist Jazz in der Kammer darauf angewiesen, dass das Jazz-Publikum dem Umzug der Reihe in die neue Spielstätte folgt. Geben Sie den Hinweis auf den Neuanfang von Jazz in der Kammer deshalb bitte auch im Bekanntenkreis weiter – auf dass der Saal voll werde.

Zum Neustart der Reihe sagte Warnfried Altmann: "Im Schauspielhaus war Jazz in der Kammer lange Zeit zu Hause, aber das ist jetzt Geschichte. Nun freue ich mich sehr auf das Forum Gestaltung, weil es eine gute Heimstatt für die Jazz-Reihe sein wird". Dass die neue, frische und improvisierte Musikauswahl von "Jazz in der Kammer" von der Stadt Magdeburg als Bereicherung des Kulturlebens und zugleich als Baustein zur Bewerbung um den Titel der europäischen Kulturhauptstadt gesehen wird, ist für ihn ein gutes Zeichen zum Neustart.

Das musikalische Oberthema der kommenden Saison wird das Piano sein. Das erste Konzert weicht jedoch davon ab: als Bestandteil der Tage der jüdischen Kultur und Geschichte im Forum Gestaltung holt Warnfried Altmann eine Band nach Magdeburg, die von Klezmer inspirierten Jazz spielt. 

Am 19. September um 20 Uhr steht Paul Brody mit seinem Projekt Sadawi auf der Bühne des Forum Gestaltung.
Paul Brody – Trompete/Komposition
Brandon Seabrook – Banjo/Guitarre
Jan Hermerschmidt – Klarinette/Bassklarinette
Martin Lillich – Bass
Eric Rosenthal – Schlagzeug

Paul Brodys Sadawi ist eines der aufregendsten neuen Klezmer Projekte. Es ist ein Mix aus traditionellem Klezmer und fantasievollen Improvisationen, präsentiert von einigen der interessantesten Musiker aus New York, Boston und Berlin. Da improvisieren Bassklarinette und Banjo zu einem rumänisch-jüdischen Tanz, grooven die Trompete mit osteuropäischen Stammestrommeln, werden sanfte hebräische Volkslieder in einen impressionistischen Trance Tanz mit geflüsterten Gebeten und luftigen Gitarren Loops eingewebt.

In einer etwas kleineren Besetzung konnten wir Paul Brody vor einem Jahr bereits bei den Freien Klängen in der Festung Mark erleben. Nun hat er unter anderem Jan Hermerschmidt dabei, der lange Zeit in der Band von Hans-Eckard Wenzel spielte. Für mich ein Grund mehr, mich auf das Konzert zu freuen.

Montag, 20. Juni 2016

Field

Heute stand Uli Kempendorffs Quartett „Field“ auf der Jazzbühne des Magdeburger Schauspielhauses, mit
Uli Kempendorff – Saxophon, Klarinette
Ronny Graupe – Gitarre
Jonas Westergaard – Bass
Oliver Steidle – Schlagzeug

Die Musik von Uli Kempendorffs Projekt "Field" ist voller Experimente, voller musikalischer Spannung. Das wurde gleich zu Beginn des Konzerts, im Stück "Drehtür" deutlich, als die vier Musiker der Band in wilden Klängen gegeneinander spielen, jeder sich um Dominanz bemühend, und erst am Schluß – als das Ohr sich gerade an die Klangvielfalt gewöhnt hat – zueinander finden, sich auf eine gemeinsame, fast schon harmonische Melodie einigen. Wenn Warnfried Altmann bei der Vorstellung der Band auch von durchkomponierten Stücken sprach, so scheint die Improvisation Teil der Komposition zu sein, so lebendig, impulsiv und aus dem Augenblick heraus entstanden klang die Musik.

Abschied vom Schauspielhaus

Es war ein bewegender Moment, als Warnfried Altmann heute zum letzten mal die kleine Bühne im Foyer des Magdeburger Schauspielhauses betrat. um auf das nächste Konzert von Jazz in der Kammer aufmerksam zu machen und die Künstler des Abends anzukündigen. Diesmal war es auch eine Mitteilung in eigener Sache bzw. in Sachen der Konzertreihe, und es war ihm anzumerken, daß ihm das nicht leicht fiel.


Schließlich hatte er das Aus für Jazz! Entdeckungen im Schauspielhaus anzukündigen, einer Reihe, die er von Beginn an als künstlerischer Leiter begleitete und die über 26 Jahre und 260 Konzerte hinweg für neue Musikimpulse in Magdeburg gesorgt hat, einem (wie das Theater noch vor kurzem schrieb) Fixpunkt im Kalender der Jazzgemeinde. Er erinnerte daran, was die Magdeburger Jazzreihe bisher geprägt hat: "Es gab hier Musik, wie sie noch nie so zu erleben war, es gab viel experimentelles, was ja immer auch ein Risiko ist – aber wenn dann alles klappt und man sitzt im Publikum, dann nimmt man sich so viel schönes mit nach Hause".


Warnfried Altmann bedauerte zutiefst die Entscheidung der Theaterleitung und stellte fest, dass es keine nachvollziehbaren Gründe dafür gebe. An die Besucher der Konzertreihe schreibt er in einer E-Mail:
Der nächste dritte Montag im Monat, der 20.06.16, 20.00 wird mit dem Quartett „Field“, dem Gitarristen Ronny Graupe (Dozent an der Hochschule der Künste in Bern), dem Saxophonisten Uli Kempendorff, Jonas Westergaard aus Dänemark – Bass und dem Schlagzeuger Oliver Steidle das letzte im Foyer des Schauspielhauses sein.

Nach der Spielpause im Juli und August wird es dann am 19. September mit Paul Brody`s "Sadawi" im  Forum Gestaltung weitergehen.
Als künstlerischer Leiter der diese Konzertreihe im Schauspielhaus seit 26 Jahren gestaltet und betreut hat, möchte ich es nicht versäumen Danke zu sagen. Zuerst einem wunderbaren, sensiblen Publikum, das mir vertraut hat und sich immer sicher sein konnte, reich beschenkt nach Hause zu gehen, auch wenn die Musiker ihnen unbekannt waren. Mein größter Wunsch ist, mir auch an den neuen Ort zu folgen und mir ihr Vertrauen zu schenken. Und Danke an alle Theaterleute, die hinter den Kulissen für reibungslose Abläufe gesorgt haben, zu Vielen hatte und habe ich ein freundschaftliches Verhältnis. Seit 1983 bin ich dem Magdeburger Theater aufs Engste verbunden und habe in den 33 Jahren schon viele Intendanten kommen und gehen sehen.

Ich bedaure diesen erzwungenen Umzug sehr, denn die Musiker und auch das Publikum haben sich im Theater immer sehr wohlgefühlt. Für mich ist das Theater ein Ort der Hochkultur und hat die Wertschätzung für den modernen, zeitgenössichen Jazz unterstrichen. Diese Musik habe ich immer auch im Kontext mit den kammermusikalischen Konzerten der Philharmonie gesehen, das wurde auch durch den wiederholten Besuch der Musikdramaturgie honoriert. Den sehr hohen Kostendeckungsgrad im Vergleich zu vielen anderen Veranstaltungen möchte ich nicht unerwähnt lassen. Gefreut habe ich mich besonders, wenn immer wieder Musikerkollegen, auch aus der Philharmonie im Publikum saßen. Niemand, mit dem ich sprach versteht diese Entscheidung der Intendanz.
Vor einigen Monaten schon, als ich zum ganz regulären Termin ins Theater ging um, wie auch sonst immer seit 26 Jahren, meinen Vertrag über das Management der Reihe zu verlängern, wurde mir eröffnet, das diese Jazzkonzertreihe vom Theater nicht weiter gewollt ist. Auf genauere Nachfrage hin hatten die Intendantin Frau Stone, der Vizeintendant Herr Sickel und die Schauspieldirektorin Frau Crombholz einhellig beschlossen, „das es keinen zwingenden Grund gibt“ diese hochkarätige, internationale Reihe weiterzuführen. 2011 versuchte Frau Stone schon einmal diese Reihe auf 4 Konzerte im Jahr zu reduzieren, ich war selbst überrascht, wie viel Zuspruch und Unterstützung von den Kultureinrichtungen, aus der Stadt, auch ganz offiziell, und überregional, ja sogar international kam, was letztendlich die uneingeschränkten Fortführung bedeutete. Nach wie vor steht im Spielplan des Theaters, das dies eine der ältesten und beliebtesten Konzertreihen der Stadt Magdeburg ist.

Nun aber freue ich mich auf einen neuen, inspirierenden, geistvollen Ort, auf das „Forum Gestaltung“, in der Brandenburger Straße, ganz nahe am Hauptbahnhof.


Gemeinsam mit Norbert Pohlmann, Geschäftsführer des Forum Gestaltung, verfaßte Warnfried Altmann einen offenen Brief zum Ende von Jazz im Schauspielhaus und zum Neubeginn von Jazz in der Kammer im Forum Gestaltung Magdeburg, den er auf der Bühne verlas. Darin heißt es:
Magdeburg und Jazz – es scheint eine reizend ambivalente Beziehung, allein sie wird lebendig bleiben, solange es Menschen gibt, die ihr Abgestorbensein beklagen würden.
Das, was wir zur Motivation zur Vorbereitung der ersten „Magdeburger Jazztage“ sagten, die im April dieses Jahres so erfolgreich die Stadt jazzten, ist uns auch jetzt Grundlage fürs Weitermachen: Wir brauchen diese Kunst, die inspirierende, nie oberflächliche Mischung aus freiheitsbewusster Individualität und kollektivem Miteinander, das Weltbürgerliche. Und wollen der Freiheit des Jazz, der Kunst des Einzelnen im gemeinschaftlichen Spiel und dem gemeinsamen Erleben weiterhin, kontinuierlich ein Podium in Magdeburg bieten.
„Jazz in der Kammer“ wird es zukünftig im Forum Gestaltung geben, wieder jeden dritten Montag im Monat. Dauerhaft. Aber nur (keine „Drohung“, sondern Realitätssinn in Zeiten Kulturverluste in Kauf nehmenden Handelns) wenn Sie, das Publikum, sich beteiligen. Denn anders als das Theater kann das Forum Gestaltung als privat organisierter, nicht institutionell geförderter Kunst- und Kultur-Verein keinen „Haushalt“ aufstellen, sondern muss für die Vorhaben jeweils (in der Regel viele verschiedene) Quellen erschließen. Und eine, materiell wie motivational sehr wichtige, sind die (nachfragenden) Zuschauer. Gemeinsam sollte es gelingen, die ebenso langjährige wie einzige Jazz-Konzert-Reihe in der Stadt fortzusetzen. An neuem Ort, dessen alte Geschichte so ambivalent ist wie die oben beschriebene Beziehung und dessen Genius loci beste Voraussetzungen bietet für die Kunst, Kultur zu gestalten.
Warnfried Altmann dankte allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Schauspielhauses, die die Konzerte bisher unterstützt haben, den Technikern an Licht und Ton, den Mitarbeitern an der Garderobe und dem Einlaß und denen, die die Künstler unterstützt haben. Und er lud das Magdeburger Jazz-Publikum herzlich dazu ein, ab September zu Jazz in der Kammer ins Forum Gestaltung zu kommen. Und er bat darum, die Änderung des Ortes auch im Freundes- und Bekannten weiterzusagen.

Im Forum Gestaltung findet Jazz in der Kammer wie gewohnt von September bis Juni immer am dritten Montag im Monat um 20 Uhr statt. Das nächste mal am 19. September, dann mit Paul Brody`s "Sadawi".

Nach dem Konzert bekam Warnfried Altmann von vielen langjährigen und treuen Besuchern der Reihe Dank und Zuspruch – und viele gute Wünsche für das Fortbestehen an neuer Stelle.

Kommentar
Jazz in der Kammer, später Jazz! Entdeckungen im Schauspielhaus, ist eine Konzertreihe, die inzwischen sowohl beim Publikum als auch bei den Musikern etabliert ist. So etwas schafft man nicht "einfach so" und "auf Fingerschnipp". Das Magdeburger Jazz-Publikum weiß inzwischen, daß man auch ohne die Musiker vorher zu kennen bei "Jazz in der Kammer" immer neue und frische Musik abseits des musikalischen (Jazz-)Mainstreams geboten bekommt. Auch deshalb gewann die Reihe zuletzt immer wieder neue Zuhörer. Solch ein Vertrauen aufzubauen, braucht  lange Zeit und viel Erfahrung. Um so unverständlicher die jetzt getroffene Entscheidung der Theaterleitung. Nicht umsonst heißt es in der Technik "never change a running system" und im Sport "never change a winning team". Wenn es tatsächlich keinen zwingenden Grund für die Fortführung der Jazz-Reihe im Schauspielhaus geben sollte – angesichts der Bekanntheit der Reihe gibt es erst recht keinen zwingenden Grund für das jetzt verkündete Ende. Es sei denn, man wollte mit Macht den letzten verbliebenen Rest der einstigen Freien Kammerspiele aus dem jetzigen Schauspielhaus heraus bekommen. Aber da sei ein Schelm, wer Böses dabei denkt, denn vermutlich kennt die jetzige Leitung des Theaters die Freien Kammerspiele gar nicht mehr, die mit Reihen wie Kammer im Kino, Jazz in der Kammer oder auch dem jährlich an neuer Stelle stattfindenden Sommertheater Kammer Open Air frischen Wind in die Magdeburger Theaterlandschaft brachten.

Mittwoch, 25. Mai 2016

Ab September: Alter Name – Neuer Ort

In seiner Anmoderation des Jazz-Konzertes am Pfingstmontag mußte Warnfried Altmann eine ihm ganz sicher nicht leicht fallende Aufgabe erledigen – das Ende einer Tradition anzukündigen. Seit 1990 findet Jazz in der Kammer im Schauspielhaus statt. Im Gebäude der einstigen Freien Kammerspiele, die der Konzertreihe auch den Namen gaben.

Nach inzwischen 26 Jahren und insgesamt 258 Konzerten hat das Theater Magdeburg die Weiterführung der Jazz-Reihe aufgekündigt. Mit dem Aus für "Jazz! Entdeckungen im Schauspielhaus" hat sich das Magdeburger Theater nicht nur von den musikalischen Entdeckungen in der improvisierten Musik, sondern auch von der letzten noch verbliebenen Tradition der Freien Kammerspiele verabschiedet.

Warnfried Altmann zeigte sich vor allem davon enttäuscht, daß die Theaterleitung zuvor in keiner Weise den Kontakt gesucht hatte und das jährlich anstehende Gespräch über die kommende Saison gleich mit der Bemerkung "wir brauchen gar nichts verhandeln, die Reihe wird nicht fortgeführt" beendete. Dies ist vor allem deshalb verwunderlich, als daß sich die Reihe nach einer vorübergehenden Besucherflaute wieder einer sehr guten Resonanz erfreute und verglichen mit vielen anderen Veranstaltungen des Theaters einen sehr hohen Kostendeckungsgrad hat.
Von seiner Kritik an der Hausleitung nahm Warnfried Altmann die Mitarbeiter des Theaters aber ausdrücklich aus, als er Ihnen für die bisherige Zusammenarbeit dankte: "Mit allen an der Durchführung der Konzerte Beteiligten hatte ich hier im Theater ein sehr gutes Verhältnis, alle haben mich wunderbar unterstützt, die Techniker, die Mitarbeiter an Einlaß und der Garderobe, alle die, die hilfreich für die Musiker tätig waren".

Das Jazz-Konzert von Ronny Graupe und Band am 20. Juni wird dann das letzte von Jazz im Schauspielhaus sein. Aber jedem Ende wohnt ein Anfang inne, und so geht es gleich im September mit Jazz in der Kammer weiter. "Dann im Forum Gestaltung, wieder mit  zehn Konzerten im Jahr und immer am dritten Montag im Monat", wie Warnfried Altmann verkündete. "Und unter dem alten Namen Jazz in der Kammer", wofür er herzlichen und zustimmenden Applaus bekam und hinzufügte "Ich glaube, viele haben noch nicht einmal mitbekommen, daß der Name der Reihe vor drei Jahren geändert wurde".

Übrigens sind im Forum Gestaltung auch die die vor zwei Jahren wiedergegründeten Freien Kammerspiele zu Hause. So bekommt die Zurückbenennung der Jazz-Reihe auf den alten Namens sogar noch eine ganz neue Bedeutung.

Montag, 16. Mai 2016

Enver Izmaylov

Am Pfingstmontag spielte der ukrainische Gitarrist Enver Izmaylov auf der Jazzbühne des Magdeburger Schauspielhauses.


Enver Ismaylovs Leben spiegelt vieles von dem wieder, was man ansonsten nur aus den Nachrichten kennt. Izmaylov ist Ukrainer und stammt aus einer Familie von Krimtartaren, die unter Stalin vertrieben und zwangsumgesiedelt wurde. Deshalb wurde er im usbekischen Fergana geboren und kehrte erst 1990 in die Heimat seiner Vorfahren zurück. Dort, auf der Krim, lebt er auch heute, nach der russischen Besetzung (und nach wie vor mit ukrainischem Paß). Daß gerade zwei Tage vor seinem Konzert die krimtartarische Sängerin Jamala mit "1944" – einem Lied über die Vertreibung ihrer Familie unter Stalin – den Europäischen Song-Contest gewann, war zwar ein Zufall. Für Ismaylov gab es aber auch Anlaß, sich auf der Bühne des Schauspielhauses darüber sichtlich zu freuen - und gleich die Melodie eines tartarischen Volksliedes in sein Programm einzubauen. In der Pause fragte ich ihn, ob sich denn die russische Besetzung auch auf ihn auswirke. "Die Reise nach Magdeburg war schon umständlich", sagte er, "weil man nicht über die gesperrte Grenze zur Ukraine kommt und von der Krim erst nach St. Petersburg und dann von dort nach Berlin fliegen muß". Und im täglichen Leben? "Auf der Krim ist Krise, in der Ukraine auch", sagte er etwas lakonisch, "aber ich bin Musiker und versuche in meiner Musik beide Seiten zu verbinden".

Diese Einstellung zur Musik war dann auch immer wieder in seinen Stücken zu erleben. Auf der Gitarre verband er improvisierend Melodien, die mal aus dem Westen kamen (wie die Beatles, Blues und Country), mal aus Musicals (Der Fiedler auf dem Dach) und dann auch aus russischen Volksliedern (wie beispielsweise Kalinka).

Mit seiner speziellen Fingertapping-Technik, bei der er die Gitarre fast ausschließlich nur auf dem Griffbrett spielt, dabei beide Hände sowohl zum Greifen der Töne und zum Anschlagen der Saiten nutzend, zaubert Izmaylov ein wahres Feuerwerk an Tönen, Klängen, Melodien und Rhythmen aus seinem Instrument, läßt sie mal rockig laut klingen, mal leise und sanft. Sähe man nicht, daß da auf der Bühne nur ein einzelner Mann sitzt, dann könnte man meinen, ein kleines Orchester wäre dort zusammengekommen. Auch wenn heute mit Technik vieles möglich ist (später kommt dann auch bei einigen Stücken ein zugemischtes Echo hinzu), so konnte Warnfried Altmann später davon berichten, daß die Klangvielfalt tatsächlich allein auf der Gitarre entsteht und auch ohne elektrische Verstärkung oder Soundeffekte funktioniert. "Enver hat gestern in meinem Heimatdorf gespielt und nach dem Konzert haben wir noch bei mir zu Hause zusammengesessen, da hat er meine alte akustische Gitarre genommen und darauf genauso toll gespielt wie auf seiner elektrischen", sagte er begeistert.

Donnerstag, 12. Mai 2016

Vorschau Mai

Am Montag, dem 16. Mai 2016 (Pfingstmontag) um 20 Uhr ist der nächste Termin von Jazz im Schauspielhaus. Diesmal mit Enver Izmailov.


Der von der Krim stammende ukrainische Gitarrist verarbeitet in seinen Konzerten Elemente aus Mainstream Jazz, türkischer, usbekischer und Balkan-Musik sowie europäischer Klassik. Seine elektrische Gitarre spielt er hauptsächlich in der sogenannten Tapping-Technik, bei der die Saiten auf dem Griffbrett angeschlagen werden.

Freitag, 1. April 2016

Vorschau April

Im April können wir uns auf die Magdeburger Jazztage freuen! Lange angekündigt, aus organisatorischen bzw. finanziellen Gründen auf 2016 verschoben, nun aber ist es soweit: eine Tradition lebt wieder auf. Die Besucher der Jazztage können sich auf hochkarätig besetzte Konzerte freuen.
Weitere Infos unter www.magdeburgerjazztage.de/

Magdeburger Jazztage

Freitag, den 15.04.16, im Forum Gestaltung, 19.00 Uhr
ANTONI DONCHEV QUARTETTzeitgenössisch / osteuropäisch
Antoni Donchev – Klavier
Roko Zahariev - Kornet, Flügelhorn, Trompete
Georgi Donchev - Kontrabass
Borislav Petrov - Schlagzeug
Einzelticket: 17,00 €

Freitag, den 15.04.16, im Forum Gestaltung, 22.00 Uhr
GANELIN TRIO PRIORITY feat. Reiner Winterschladen (Trompete)
international / kraftvoll / frei
Vyacheslav Ganelin - Piano, Synth., Percussion
Petras Vysniauskas - Sopransaxophon
Klaus Kugel - Schlagzeug, Percussion
Reiner Winterschladen - Trompete
Einzelticket: 17,00 €

Samstag, den 16.04.16, im Thiem 20, ab 10.00 Uhr
Improvisationsworkshop mit Antoni Donchev

Samstag, den 16.04.16, im Gesellschaftshaus, 20.00 Uhr
SUN RA ARKESTRA - 60th ANNIVERSARY TOUR, DIRECTED BY MARSHALL ALLEN
New York Jazz
Marshall Allen - Altsax., Flöte
Tara Middleton - Gesang, Violine
Cecil H. Brooks - Trompete
Noel Scott - Saxophone
James E. Stewart - Tenorsax.
Danny Ray Thompson - Baritonsax.
Adriene G. Davis - Posaune
Francis D. Middleton - Gitarre
Elson Nascimentoo - Percussion
Tephen Tyler Mitchell - Bass
Wayne A. Smith - Schlagzeug
Einzelticket: 30,00 €

Sonntag, den 17.04.16, im Gesellschaftshaus, 12:00 Uhr
HANNES-ZERBE-JAZZORCHESTER-BERLIN
(bestehend aus 17 in Berlin lebenden Weltklasse Jazzmusikern)
modern Jazz / sinfonisch
Hannes Zerbe – Piano, Komposition, Arrangement
Jürgen Kupke – Klarinette
Silke Eberhard – Altsaxophon, Klarinette
Nico Lohmann – Altsaxophon, Flöte
Dirk Engelhardt – Tenorsaxophon
Gebhard Ullmann – Bassklarinette, Flöte
Alexander Beierbach – Baritonsaxophon
Damir Bacikin – Trompete
Nikolaus Neuser – Trompete, Flügelhorn
Christian Magnusson – Trompete
Stefan Most – Frenchhorn
Gerhard Gschlössl – Posaune
Jörg Huke – Posaune
Philipp Krüger – Tuba
Jörg Schippa – Gitarre
Horst Nonnenmacher – Kontrabass
Christian Marien – Schlagzeug
Einzelticket: 20,00 €

Festival-Ticket für alle Konzerte: 60,00 €
Vorverkauf (auch Einzeltickets)
im Forum Gestaltung, Brandenburger Str. 10, 39104 Magdeburg
Tel: 0391 99087611
Mail: info@forum-gestaltung.de

Und gleich am nächsten Tag geht es weiter mit Jazz in Magdeburg: bei Jazz im Schauspielhaus!

Montag, den 18.04.16, 20.00 Uhr im Schauspielhaus Magdeburg
Ulf und Erik Wakenius
traditionell / Gitarrenjazz
Vater und Sohn
Ulf Wakenius - Gitarre
Erik Wakenius - Gitarre

Montag, 21. März 2016

Juozas Milasius und Sabir Mateen

Am 21. März waren zu Gast bei Jazz im Schauspielhaus:
Juozas Milasius (LIT) – Gitarre,
Sabir Mateen (USA) – Saxophon

Als Juozas Milasius und Sabir Mateen auf die Bühne kommen, nutzen sie zunächst die ältesten Instrumente der Welt, ihre Stimmen. Werfen sich damit Silben zu, singen Wortfetzen einer Fantasiesprache. Dann greifen sie zu ihren Instrumenten und während Mateen langsame Tonfolgen spielt, fängt Milasius auf der elektrischen Gitarre zu experimentieren an, scheinbar die musikalischen Fähigkeiten eines eben gefundenen Instrumentes ergründend, dabei immer lauter werdend und wie besessen auf die Saiten seines Instrumentes einschlagend. Nun läßt sich auch Sabir Mateen am Saxophon von der Klangvielfalt inspirieren, erhöht sein Tempo, läßt das Saxophon kreischen und fiepsen. Beide steigern sich in ein wüstes Crescendo hinein. Bei so viel Kraft und Wildheit verblüffte dann das Ende des Stücks: ein versöhnlicher Ausklang melodisch einfacher Gitarrenriffs.

Sonntag, 21. Februar 2016

Vorschau März

Am 21. März um 20 Uhr bei Jazz im Schauspielhaus:
Juozas Milasius (LIT) – Gitarre,
Sabir Mateen (USA) – Saxophon, Flöte
Juozas Milasius Sabir Mateen

Die beiden Musiker liefern sich ein experimentelles, frei improvisiertes und überaus heftiges Wechselspiel, bei dem sie alles aus ihren Instrumenten herausholen, was nur irgendwie geht. Sehr starke Musik in bester Free- und Experimentaljazz-Tradition – und nichts für schwache Nerven. 

Montag, 15. Februar 2016

Metal, Wood & Wire – extended

Heute war das Projekt »Metal, Wood & Wire – extended« (USA, I, D) zu Gast bei Jazz im Schauspielhaus:
Geoff Goodman – Gitarre
Ardhi Engl – Gitarre, div. Eigenbauinstrumente
Sebi Tramontana – Posaune
Bill Elgart – Schlagzeug

Das Projekt der vier Musiker lebt zu einem guten Teil von den Klangexperimenten des bayrisch-sumatranischen Gitarristen Ardhi Engl, der für seine selbst erfundenen Instrumente "Klangobjekte, Materialien, Utensilien und Fundstücke aus den Bereichen Ab-, Zu- und Einfall verfremdet und bespielt", wie es auf der Webseite von Metal, Wood & Wire heißt. Neben diesen experimentellen Klängen gab es aber auch handfest improviserten Jazz zu hören.

Die vier Musiker haben kaum auf der Bühne Platz genommen, da erobert auch schon ein Chaos von Tönen den Raum, erzeugt Ardhi Engl auf einer Art klingendem Kleiderständer (seinem „Stangl-Baß“, wie er ihn später nennen wird) und anderen selbst gebauten Instrumenten willkürliche Klänge. Gitarre, Posaune und Schlagzeug stehen dem nicht nach und spielen ebenso abseits von Melodien. Doch allmählich werden die Töne klarer, formen sich Strukturen aus dieser klanglichen Ursuppe. Aus Klängen werden Töne, entwickeln sich Melodien. Eine musikalische Evolution findet vor den Ohren der Konzertbesucher statt, eine Metamorphose vom Chaos zur Musik.

Das nächste Stück wird von der Elektronik beherrscht, bzw. den elektronisch verstärkten Tönen, die Engl einer Art Daumenklavier entlockt, konstruiert aus Zahnstochern, Laubsägeblättern, Schraubenfedern und ähnlichem Zubehör. Später bringt er ein Besenstiel-Cello oder eine Schlauchflöte zum klingen. Instrumente, aus dem zusammengebastelt, was ihm grad vor die Finger kommt. „Ich bin ein Verfechter des preiswerten Musizierens“, sagt Engl im Pausengespräch über sein Instrumentarium. Wenn er "Spaß daran hat, aus einfachen Dingen etwas herzustellen", dann hat er auf jeden Fall ein Händchen dafür, daraus auch etwas Klingendes zustande zu bringen. Später kommt sogar ein röhrenverstärkter Sinusgenerator (PM5100 von Philips) zum Einsatz, bei dem der Rezensent aus früherer Begeisterung für den Physikunterricht leuchtende Augen bekommt.

Montag, 8. Februar 2016

Big Band des Konservatoriums Magdeburg

Die Kon-Big-Band des Konservatoriums Georg Philipp Telemann Magdeburg stand im ersten Teil des Bigband-Konzerts auf der Bühne des Magdeburger Schauspielhauses, geleitet von Erhard "Mohi" Buschendorf. Der Bigband-Sound, verbunden mit Gesangsstücken und Soli für einzelne Bandmitglieder, ergab ein wunderbares Konzerterlebnis.  


Die Band begann mit "The Mellow Saxophon" und einem sehr kräftigem, basslastigen Saxophon-Sound. Dem folgte ein Lied von Björk, aus "Dancer in the Dark", gesungen von Jessica Piontek, die das Lied mit kräftiger und gefühlvoller Stimme interpretierte. Dazu Gitarrensoli und deutliche Akzente setzende Klavierakkorden. Es folgte "Switch in time" von Sammy Nestico, ein Pflichtstück des Bundeswettbewerbs der Bigbands, ein Feature der Band für den Posaunisten Oscar van Hout.

Bemerkenswert war auch das von Mohi Buschendorf anscheinend für ein generationenübergreifendes Publikum geschriebene Stück, in dem er Melodien aus "Raumschiff Enterprise" und dessen Parodie "Raumschiff Surprise" mixte und für seine Band arrangierte. Dazu gab es natürlich auch den Text des Raumschiffs ("Der Weltraum – unendliche Weiten... Wir schreiben das Jahr 2200. Dies sind die Abenteuer des Raumschiffs Enterprise, ..."). Die einen fühlten sich an Sonntags 18 Uhr im ZDF erinnert, die anderen an großes Kino. Aber egal, wer welche Version im Sinn hatte – der Drive des Stücks und die Begeisterung der Band übertrugen sich auf das Publikum.

Jugendjazzorchester Sachsen-Anhalt

Heute stand das Jugendjazzorchester Sachsen-Anhalt auf der Bühne des Magdeburger Schauspielhauses. Die jungen Jazz- und Bigband-Musiker aus allen Teilen des Landes kamen in den Tagen zuvor zu einer halbjährlichen Arbeitsphase (inzwischen bereits der 48.) in der Musikakademie Kloster Michaelstein zusammen, übten gemeinsam unter Anleitung von Tutoren die einzelnen Instrumentengruppen, probten als gesamtes Orchester. Wie in jedem Jahr konnte sich das, was dabei entstand, sehen und natürlich vor allem hören lassen: Bigbandmusik vom Feinsten.


Das Konzert des Jugendjazzorchesters Sachsen-Anhalt im Magdeburger Schauspielhaus stand unter Leitung des langjährigen Bandleaders Ansgar Striepens, der das Orchester sicher führte und für einen ausgewogenen Klang sorgte, zugleich den einzelnen Musikern auch Platz für Soli einräumte.

Das Konzert war der zweite Teil eines gemeinsamen Konzertabends mit der Kon-Big-Band des Magdeburger Konservatoriums Georg Philipp Telemann. Einige Musiker der Magdeburger Bigband waren auch gleich noch im zweiten Teil zu hören. Ansgar Striepens begann das Konzert mit einem Lob für die Magdeburger Band. "Ich hatte Mohi 200 Euro gegeben, dass er vor uns nicht so gut spielt – das Geld hat er genommen, aber gehalten hat er sich nicht daran", sagte er scherzhaft und zugleich anerkennend.

Das Jugendjazzorchester begann "Oye Como Va", einem Klassiker von Tito Puente, gespielt mit vollem und sehr kräftigem Einsatz der Bläsergruppe, Musik im typischen Bigband-Stil, mit Soloeinlagen von Posaune, Bariton-Saxophon, Trompeten und Schlagzeug. Dem schloß sich ein einst für Ella Fitzgerald geschriebenes Stück an, "It’s only a paper moon", hier gesungen von Myriam Rosenkränzer mit viel Variabiltät in der Stimme und großem Tonumfang. Danach ein weiteres Gesangsstück, diesmal mit Jessica Piontek. Sie interpretiert "Freedom Dance" aus Peter Herbolzeimers und Diana Reeves Album "Colors of a Band" als melancholische Ballade, von den Bläsern zurückhaltend begleitet.
"No joy in Mudville" von Bill Holmann, über das Ansgar Striepens einleitend sagte "ein Stück daß sehr viel Spaß macht, auch wenn das dem Titel nicht zu entnehmen ist" (den man vielleicht mit "kein Spaß im Dreckskaff" übersetzen könnte), erwies sich als rhythmusbetontes und von der Stimmführung her anspruchsvolles Stück mit einem sehr überaschend endenden Posaunensolo als Abschluss.

Samstag, 23. Januar 2016

Vorschau Februar

Im Februar gibt es zwei Jazz-Termine im Schauspielhaus: 

Am Montag, dem 8. Februar um 19:30 Uhr ist das Jugendjazzorchester Sachsen-Anhalt zu Gast. Das Konzert der jungen Jazz- und Bigband-Musiker steht am Ende ihrer halbjährlichen Arbeitsphase (inzwischen bereits der 48.). Wir können uns auf Musik vor allem in Richtung Swing und Bigband freuen, auf instrumentals und songs, Jazzstandards und Eigenkompositionen des Bandleaders Ansgar Striepens.

Am Montag, dem 15. Februar um 20 Uhr ist dann der reguläre Termin von Jazz im Schauspielhaus, mit »Metal, Wood & Wire – extended« (USA, Italien, Dtl.).
Geoff Goodman – Gitarre, Loops, Banjo
Ardhi Engl – Gitarre, div. Eigenbauinstrumente
Sebi Tramontana – Posaune
Bill Elgart – Schlagzeug 

Metal, Wood & Wire ist ein ungewöhnliches Gitarren-Duo: der amerikanische Jazz-Gitarrist Geoff Goodman spielt gemeinsam mit dem bayrisch-sumatranischen Gitarristen Ardhi Engl, der neben klassischer Gitarre auch eigene Instrumente erfindet, baut, präpariert, verfremdet und bespielt "Klangobjekte, Materialien, Utensilien und Fundstücke aus den Bereichen Ab-, Zu- und Einfall", wie es auf der Webseite von Metal, Wood & Wire heißt.

In der "Extended"-Version kommen noch zwei Weltklassemusiker der Improvisation hinzu: Sebi Tramontanna (It.) and Bill Elgart (USA), die beide sowohl im Jazz als auch in neuer improvisierter Musik zu Hause sind. In diesem Experiment und Abenteuer, speziell für diese Formation neue Konzepte und Strukturen zu entwickeln, begegnen sich die tief-verwurzelte Jazztradition in Bill Elgart's kreativem Schlagzeugspiel und der elegante Ton von Sebi Tramontanas frei-inspirierter Posaune mit dem unverwechselbaren Klang-Vokabular von Metal, Wood & Wire.

Montag, 18. Januar 2016

Wood & Steel Trio

Heute war bei Jazz im Schauspielhaus das Wood & Steel Trio zu Gast, mit
Christian Kögel – Dobro SteelGuitar
Roland Neffe – Marimba/Vibraphon
Marc Muellbauer – Baß

Gleich im Titel des Bandprojekts wird benannnt, was auf der Bühne zu sehen und zu hören ist: da trifft – bei jeweils einander ähnlichen Instrumenten bzw. Instrumentenfamilien – im wahrsten Sinne des Wortes Holz auf Stahl. Marc Muellbauers akustischer Baß steht in Kontrast zu Christian Kögels Dobro Steel Guitar mit ihrem Stahl-Gehäuse und Roland Neffe spielt abwechselnd auf der Marimba mit ihren warm klingenden Holzplatten und auf dem Vibraphon mit den härteren Metallplatten. Dabei entstehen reizvolle Kontraste, wenn etwa zu Beginn des Konzertes Roland Neffe am Vibraphon zu spielen beginnt und dann Marc Muellbauers akustischer Baß einsetzt, während Christian Köglers Dobro den Rhytmus beiträgt. In die Borduntöne des Baß mischen sich helle metallisch perlende Läufe von Tönen.

Bei ihrem Konzert in Magdeburg stellte die Band hauptsächlich Titel ihrer aktuellen CD Secret Ingredient vor. An der Entstehung sind die drei Musiker gleichermaßen beteiligt. Von wem welche musikalischen Ideen stammten, verdeutlichen die Bandmitglieder auf einfache Weise: durch die persönliche Anmoderation der einzelnen Stücke. Über sein Stück "Mein Kiez" sagt Christian Kögler: "eigentlich bin ich Bayer, aber meine Wahlheimat ist Kreuzberg". Und so kommt die Musik so bunt daher, wie es dieser Berliner Stadtteil ist: mit Marimba und Vibrahon, mit orientalischen Klängen auf Gitarre und Baß, mit Tonexperimenten auf den Baßsaiten, kurz: als ein großer, bunter Basar. Von Kögler stammt auch The Waltz, bei dem er sich ein langes Gitarrensolo eingebaut hat, mit Anklängen an Hawaii, wenn er seine Gitarre mit dem Glasröhrchen als Slide guitar spielt. Marc Muellbauer nimmt die lässige Stimmung auf und Roland Neffe zaubert eine Begleitung dazu.
Neffes "Metamorphosen" spielen mit den unterschiedlichen Stimmungen von Vibraphon und Marimba. Eine anfänglich leichte Melodie auf dem Vibraphon geht über in eine dunkle Baßmelodie mit kräftigen Holztönen. Die Melodieführung wird von Instrument zu Instrument weitergegeben, verändert und im Mittelteil auch in hohem Dynamikumfang gespielt, bis sich am Ende beim Vibraphon, das die Musik leise ausklingen läßt, der Kreis schließt.
Während der Baß sonst oft als Begleitinstrument dient, sind beim Wood & Steel Trio die Rollen nicht so fest verteilt, übernimmt der Baß im nächsten Stück die Rolle des Melodieinstruments. Und als Marc Muellbauer zum Bogen greift und seinem Baß  Töne entlockt, die im Raum zu schweben scheinen, während die Marimba die Melodie leise und harmonisch unterstützt, möchte man die Augen schließen und träumen. 

Als Zugabe dann eine eigenwillige Interpretation von Griegs Nocturno Nr. 54. Roland Neffe gibt Griegs Melodie vor, die beiden anderen adaptieren diese auf ihre Instrumente, improvisieren, verändern die Melodie, dann kommt auch wieder die Slide Guitar zum Einsatz und so trifft dann Norwegen auf Hawaii.

Zur Entstehung der Band berichtet Marc Muellbauer: "Christian Kögler und Roland Neffe wirken auch in meinem größeren, neunköpfigen Projekt Kaleidoscope mit. Wir wollten parallel dazu auch noch eine kleine Besetzung auf die Beine stellen. Christian Kögler sollte eigentlich akustische Gitarren spielen, aber bereits seine Dobro bietet so viele Möglichkeiten, deshalb blieb es bei einer einzigen Gitarre". Und Roland Neffe ergänzt, mit Blick auf seine beiden Instrumente: "... und ich bin dann der, der den Transporter braucht". 

Was von den Instrumenten dann die "geheime Zutat" aus dem Titel der CD ist, die perlenden Töne von Marimba und Vibraphon, die Klangeffekte der Dobro mit ihrem Stahlkorpus oder der warm klingende Baß, darauf wollten sich die Musiker dann aber nicht festlegen – oder es vielleicht auch einfach nur nicht verraten. Letztlich mag das aber jeder beim Hören selbst entscheiden, und vielleicht ist es – der improvisierten Live-Musik sei dank – auch in jedem Konzert etwas anderes.


Samstag, 16. Januar 2016

Gedenkkonzert: "Ein wahres Elend der verdammte Krieg"

Am 71. Jahrestag der Zerstörung Magdeburgs fand im Forum Gestaltung ein Konzert statt zum Gedenken an die Bombennacht des 16. Januar 1945, aber auch an die erste Zerstörung Magdeburgs im Dreißigjährigen Krieg am 10. Mai 1631.
Mitwirkende waren:
Neuer Magdeburger Kammerchor unter der Leitung von Christian Hoffmann,
Warnfried Altmann (sax)
Hermann Naehring (dr, perc)
Trio Fisarmonica (Christian Waltenberg, Frances Twardoch, Marius Beier, acc)
Der Satz "Ein wahres Elend, der verdammte Krieg", der dem Konzert seinen Titel gab, stammt bereits aus dem Jahr 423 v.u.Z., aus einem Schauspiel des antiken Dichters Aristophanes. An Gültigkeit und Aktualität hat er indes nichts verloren und ist – leider – über alle Zeiten hinweg von universeller Gültigkeit geblieben. So ist das jährliche Konzert am 16. Januar Gedenken und Mahnung zugleich.

Die Bühnenscheinwerfer tauchten das Foyer des Forum Gestaltung in einen Schein aus feuerrotem und flammengelben Licht. In diese bedrohlich-düstere Lichtstimmung hinein klangen erst einzelne Glockentöne aus Hermann Naehrings Schlagwerk, gefolgt von bedrohlichen Klängen aus Warnfried Altmanns Saxophons. Die Töne und Geräusche, die dann erklingen, mögen sich nicht zu Melodien formen, bleiben unbestimmt und unterstützen in ihrer Zusammensetzung die bildlichen Vorstellungen der Besucher – die wohl jeder im Kopf hat als Bilder von Krieg und Zerstörung, Bilder aus alten Filmen oder aus neuesten Nachrichten.


Als dann der Chor einsetzt, geschieht das mit einem erst leisen, dann immer stärker werdenden Stimmwirrwar, aus dem immer deutlicher der Name einer Stadt vernehmbar wurde: Magdeburg. Stimmen, wie sie von Mund zu Mund eine Nachricht weitergeben, das Entsetzen über das Ungeheuerliche und das noch-nicht-wahrhaben-wollen ausdrückend. Das anschließende Introitus eines Requiems (Requiem aeternam...  Herr, gib ihnen die ewige Ruhe), unterstrichen durch mächtige Paukenschläge und Beckengetöse, erschien wie eine Bekräftigung der Nachricht. Der Chorgesang wurde im Versuch, mit dem Kriegslärm des Schlagzeugs mitzuhalten, immer lauter, brach dann unmittelbar ab. Dieser Wechsel zwischen laut und leise, mehrfach eingesetzt, erzeugte eine ungeheure Dynamik, zumal auch aus dem gespannt lauschenden Publikum keinerlei Geräusch zu hören war. 

Kamen die Klänge des Krieges zunächst von den Rhythmusinstrumenten, so wurde das vom Akkordeon-Trio mit den "Sounds of war" von Józef Wojtarowicz fortgesetzt – mit einer riesigen Bandbreite an Tönen und Klängen, die weit über Töne, Akkorde und Melodien hinausgehen. Die drei Musiker ließen ihre Instrumente atmen und zischen, seufzen und singen. Das Stück des polnischen Komponisten sah Chorleiter Christian Hoffmann auch als zentrales Element des diesjährigen Gedenkkonzertes an. "Um dieses Stück herum habe wir die Interpretation des Chores und die Improvisationen der anderen beiden Musiker angeordnet und darauf abgestimmt". So war auch der Chorgesang in weiten Teilen des Konzertes durch das Formen von Klangflächen bestimmt, durch stimmlich geprägte Melodien, die ohne förmlichen Text auskamen. Damit wurde der Chor selbst zum Instrument, das in Zusammenspiel und Wechselwirkung mit dem Saxophon und mit dem Schlagwerk des Klangkünstlers Naehring stand. Wieder mehr durch Text bestimmt war dann die beeindruckende Interpretation von Rudolf Mauersbergers Motette "Wie liegt die Stadt so wüst" durch den Neuen Magdeburger Kammerchor, die auf biblischen Texten beruhend das Grauen im Angesicht einer in Trümmern liegenden Stadt beschreibt. Kreuzkantor Mauersberger komponierte das Chorwerk im Jahr 1945, unter dem Eindruck der Zerstörung Dresdens, das einen Monat nach Magdeburg dem Bombenkrieg zum Opfer fiel.

Das Konzert beendete der Chor mit einem Rezitativ, mit dem Gedicht "Flammentropfen" des türkischen Dichters Zafer Senocak:
Ein Flammentropfen sucht ein Versteck
kreiselnd in der Luft
öffne ihm dein Hemd
bevor die Wolke
die um die Erde kreist
auch über unser Land zieht.
Ein Gedicht in düster-prophetischer Ausstrahlung. Für Magdeburg kam damals die Hoffnung zu spät, jemand könne die Flammen noch einfangen.

Als das Konzert beendet war, blieben die Künstler auf der Bühne noch lange schweigend stehen, das Publikum reglos sitzen. Ein gemeinsames stilles Innehalten, Zeit des Gedenkens an die Toten des nun 71 Jahre zurückliegenden Krieges und aller aktuellen Kriege. Auch abgesehen vom historischen Anlasses bleibt von dem 2016er Gedenkkonzert die Leistung aller Künstler in Erinnerung, die ihre Instrumente und Stimmen zu einem großen und beeindruckendem Klangbild vereinten.

Kurz nach dem Ende des Konzertes, um 21:28, als am 16.01.1945 die Bombardierung Magdeburgs begann, läuteten alle Glocken der Stadt mit mahnendem Ruf: nie wieder Krieg!

Schweigendes Gedenken unter Glockengeläut,
um 21:28 Uhr auf dem Magdeburger Domplatz