Samstag, 29. April 2023

Verzögerungen...

Ein Hinweis in eigener Sache: andere Aufgaben haben mich daran gehindert, die versprochenen Rückblicke auf die Jazztage schneller fertig zu bekommen. Die Texte kommen. Zwar nach und nach, aber ich bin dran. Versprochen.

Sonntag, 23. April 2023

Fuchsthone Orchestra: Structures & Beauty

Mit dem Fuchsthone Orchestra gab es einen großartigen Abschluss der Magdeburger Jazztage. Ein letztes Mal für dieses Wochenende gab es großen Sound von der Bühne. Es war toll, wie hier moderner Jazz auf Bigband-Sound traf, der von wunderbaren Solisten geprägt wurde.

Leitung und Komposition: Caroline Thon & Christina Fuchs
Saxophone: Julian Drach, Jakob Manz, Veit Lange, Jens Böckamp, Susanne Weidinger
Trompeten: Jan Schneider, Matthias Knoop, Ruven Weithöhner, Matthias bergmann
Posaunen: Philipp Schittek, Matthias Schuller, Jonathan Böbel, Wolf Schenk
Gesang: Filippa Gojo
Violine: Zuzana Leharovà
Piano: Laia Genc
Gitarre: Andreas Wahl
Bass: Alexander Morsey
Schlagzeug: Jens Düppe

"Es ist selten geworden, dass man eine Bigband einfach so einladen kann", sagte Norbert Pohlmann bei der Ankündigung der Band und berichtete über die bereits vor einem Jahr notwendigen Terminabstimmungen – zu einer Zeit, als die Finanzierung der Jazztage noch nicht mal ansatzweise geklärt war. Um so schöner, dass das Fuchsthone Orchestra in dieser großen Besetzung nach Magdeburg kommen konnte.

Auch wenn sich das Fuchsthone Orchestra nicht als klassische Bigband versteht, sondern viele Spielarten des Jazz in seine Musik einbezieht, beginnt die Band mit einem volltönenden Sound, wie man ihn bei der großen Orchesterbesetzung erwartet. Dabei ist die Musik der Band voller Abwechslung. mal sind düstere Bläserklänge bestimmend, dann wieder leise Interaktionen zwischen einzelnen Musikern oder ganz leise Percussions unter Einsatz aller Instrumente. Mit einigen interessanten Details, so ist eine Geige (Zuzana Leharovà) in der Bigband eher unüblich und auch wenn die Pianistin (Laia Genc) auch mal in die Saiten des Flügels greift und mit den Händen Töne hervorholt, dann geht das über den gewohnten Einsatz des Pianos hinaus. Die Sängerin (Filippa Gojo) wird zum Teil des Orchesters. Statt vorn in der ersten Reihe steht sie hinten, mitten unter den anderen Musikern, was der musikalischen Einbindung des Gesangsparts in den Gesamtklang entspricht.

Jolli sieht grün

Jolli, das ist die Sängerin Jorinde Jelen. Sie blickt in dem neuen Kinderprogramm ihrer Jolli-Band mit Kinderaugen auf die Umwelt, auf das was auch die Kinder unweigerlich wahrnehmen, wenn sie Gespräche der Eltern hören oder Nachrichten schauen. Sie nimmt die Kinder mit auf eine Reise durch die Umwelt, erklärt Zusammenhänge, zeigt was getan werden kann, macht Mut. Und sieht dabei grün. 

Jorinde Jelen – Gesang, Moderation
Volker Dahms – Saxophon
Steffen Greisiger – Keyboards, Akkordeon
Bastian Ruppert – Gitarre, Gesang
Christian Sievert – Bass, Gesang
Eva Klesse – Schlagzeug


"Jolli sieht grün", heißt es im Titelsong, sie sieht blau, rot, gelb. Ihre Welt ist bunt und fröhlich, ihre Musik ist rockig und geht ins Ohr. "Wir malen uns die Zukunft bunt" ist ihre positive Sicht, mit der sie den Kindern einen positiven Blick auf eine Welt gibt, in der so vieles schlecht läuft und besser gemacht werden kann. "Was ist eigentlich Zukunft?" fragt sie, "ist das morgen? Ist das nächste Woche?" und lädt die Kinder ein, mit ihr "Zukunftsforscher" zu sein. 

Samstag, 22. April 2023

Songdreaming

"Songdreaming" nennt Saadet Türköz ihr Projekt, in dem sie mit unterschiedlichen Musikern auf der Grundlage ihres Gesangs improvisiert. Heute stand sie gemeinsam mit Peter Ehwald und Stefan Schultze auf der Jazzbühne.

Saadet Türköz (Gesang)
Peter Ehwald (Saxophon)  
Stefan Schultze (Piano)


Saadet Türköz schreibt über ihre Musik:

In meinen Improvisationen und Performances von kasachischen und türkischen Liedern geht es mir um die Transformation von Erinnerung. Ich versuche, mit Stimme und Musik Bilder und Stimmungen hervorzurufen, die kulturelle Grenzen überschreiten. Die Erinnerung ist überall und jedes Mal dieselbe – nicht veränderbar – aber der Ausdruck ist anders: Die individuelle Wahrnehmung entwickelt einen universellen Eindruck des kulturellen Lebens.

Die geheimnisvollen Töne, die Stephan Schultze seinem präpariertem Klavier entlockt, die nach so viel mehr als einfach nur einem Konzertflügel klingen und mit Peter Ewalds langsamen und ebnso gefühlvollen wie kräftigen Tonfolgen auf dem Saxophon ergeben zusammen mit dem Gesang eine mystische Stimmung. In der gegenseitigen Interaktion, in der steigenden Dynamik und Intensität entwickelt die Musik etwas schamanisches. Zu diesem Eindruck trägt sicher auch der Gesangsstil von Saadet Türköz bei, in dem sich archaische Traditionen ihrer Herkunft spiegeln. Die Sängerin wurde in Istanbul als Kind von uigurischen Eltern geboren, die vor den Repressionen der chinesischen Regierung in die Türkei flohen und bringt Musikerfahrungen aus diesen Welten mit. 

7 Steps to Mystery

Im zweiten Konzert des mit "Die Stimme" überschriebenen Abends bei den Magdeburger Jazztagen traf Jazz auf Gesänge eines bulgarischen Frauenchores.

Antoni Donchev Quartet
Antoni Donchev (Piano)
Pavel Terziyski (Gesang)
Pantelis Stoikos (Trompete)
Martin Hafizi (Schlagzeug)

Eva Quartet
‍Gergana Dimitrova (Sopran)
Sofia Kovacheva (Mezzosopran)
Evelina Christova (Alt)
Daniela Stoichkova (Kontraalt) 

Dass der Fokus der Jazztage immer wieder auch auf Osteuropa liegt, eröffnet dem Jazzhörer neue musikalische Welten. Der bulgarische Jazzpianist Antoni Donchev verbindet in seinem Projekt „7 Steps to the Mystery“ zwei große Welten – die der traditionellen bulgarischen Folklore und die der Improvisation, der Musik des Augenblicks. Bulgarische Folklore wird in ihrer reinsten Form präsentiert – durch die kristallklaren Stimmen der Sängerinnen des Eva-Quartets, Teil des phänomenalen Chors "The Mystery of Bulgarian Voices". Als weitere Stimme hat er Pavel Terziyski dabei, der unterstützt von elektronischen Effekten seine Stimme zum Instrument wandelt. 

Sophie Tassignon: KYHAL

Sophie Tassignon stellte bei den Magdeburger Jazztagen ihr Album "Khyal" vor, ein für europäischen Jazz ungewöhnlicher, aber sehr gut funktionierender Ansatz, Jazz mit arabischen Texten zu verbinden.

Sophie Tassignon – Gesang
Peter van Huffel – Saxophon
Peter Meyer – E-Gitarre
Roland Fidezius – E-Bass
Mathias Ruppnig – Schlagzeug 

Aus Peter van Huffels Saxophon und Peter Meyers E-Gitarre kommen orientalische Klänge, dazu Muschelgeklapper vom Schlagzeuger Mathias Ruppnig. Jazz als Weltmusik, mit akustischen Bildern, über die Sophie Tassignon mit ihrem arabischen Gesang legt. "Mein Interesse für die arabische Sprache begann, als die Syrischen Flüchtlinge nach Europa kamen", sagt sie und berichtet davon, dass sie ab etwa 2016 begann arabisch zu lernen und in ihren Texten zu verwenden. 

Freitag, 21. April 2023

Jane in Ether

Im zweiten Teil des Clubabends der Magdeburger Jazztage mischten sich bei "Jane in Ether" die Klangfarben und musikalischen Möglichkeiten von Stimme, Violine,Flöten und Klavier in mikrotonaler Weise.

Biliana Voutchkova - Violine / voice
Miako Klein - Flöte / Paetzold
Magda Mayas - Piano

Das Konzert beginnt am unteren Rand der Hörschwelle, mit Klängen, Tönen und Geräuschen, mit sphärischen Klängen, die sich einander überlagern, irgendwie zu allen Instrumenten passen, zum präparierten Klavier, zu Geige und Flöte - man muss schon genau hinschauen, welches Instrument gerade zu hören ist. Da scheint Obertongesang aus der mongolischen Steppe ebenso drin zu stecken wie helle Gebetsglöckchen (von Magda Mayas aus dem Klavier gezaubert). Biliana Voutchkova malträtiert ihre Violine mit dem Bogen, dass es schmerzt, Miako Klein fügt ruhige Flötentöne hinzu.

Jazz Baby

 Der zweite Tag der Magdeburger Jazztage wurde eröffnet von JAZZBABY! 

Stefanie Bolz - Gesang
Christian Wegscheider - Klavier

Als sich Christian Wegscheider, der aus Österreich in der Nähe vom Achensee kommt, zu Beginn an das Klavier setzt, da darf dann schon mal das Wortspiel erlaubt sein, dass die Töne hell und klar klingen wie ein Bergbach. Perlende Töne, die später zu sinfonischen, romantischen Klängen werden. 

Stefanie Boltz' klare Stimme passt dazu, und Wegscheider passt sich dem Gesang an, spielt nun kräftiger. "Here comes the Sun" ist zu hören, in einer sehr eigenwilligen, gefühlvollen Interpretation des Beatles-Klassikers. "Wir hatten eine lange Reise hinter uns", sagt Stefanie Boltz, und meint damit nicht nur die etwas beschwerliche Anreise nach Magdeburg mit mehren ausgefallenen Zugverbindungen, sondern auch die Entstehung ihres aktuellen Albums "A tamed Tigers Roar". Ein Projekt, für das sie mit Christian Wegscheider gemeinsam in der Corona-Pandemie die nötige Zeitgenommen hatte. "Der Freiraum ist mir wichtig - und Christian ist mir dafür der wichtigste Partner". 

Donnerstag, 20. April 2023

Uschi Brüning und Günther Fischer Quintett

Ein grandioser Auftakt der 6. Magdeburger Jazztage: Mit Uschi Brüning und Günther Fischer standen im Magdeburger Gesellschaftshaus zwei Legenden des ostdeutschen Jazz auf der Bühne. Man merkte sofort: Die beiden haben's noch immer drauf!

Uschi Brüning – Gesang
Günther Fischer – Saxophon, Keyboard, Flöte
Rüdiger Krause – Gitarre
Matthias Bätzel – Piano
Tom Götze – Bass
Wolfgang "Zicke" Schneider – Schlagzeug

Günther Fischer kommt zunächst nur mit seiner Band auf die Bühne, setzt sich an sein E-Piano, spielt ein paar Töne und beginnt zu singen. Sofort ist man drin in einer Musikstimmung der 60er Jahre, die nostalgisch und aktuell zugleich wirkt. Sphärische Elektroklänge vom E-Piano, Bass und Gitarre erzeugen einen stimmigen Fusion Sound. Günther Fischer spielt mit einer beiläufigen Lebendigkeit, solo und im musikalischen Zwiegespräch mit seiner Band, wenn sie sich gegegnseitig Melodien zuspielen. 

Immer wieder tritt er an das Mikrophon und man hat den Eindruck, er könnte ewig Geschichten über seine Musik erzählen, über die Musiker mit denen er spielte, über Orte und Filme. Orte, ja auch Magdeburg. "Auch an Magdeburg habe ich lange zurückliegende Erinnerungen", sagt er und erzählt über Auftritte im Café Impro (einer alten Magdeburger Musikkneipe, die es nun auch schon nicht mehr gibt). 

Bei vielen der Stücke hat man Filme im Ohr, für die sie komponiert wurden oder auch Sänger, die die Lieder sangen. Ja, sicher, auch abhängig vom Alter. Mir zum Beispiel sagte der Film "Der Kinoerzähler" nichts, aus dem er Melodien spielte – aber der Sound war dennoch vertraut. Wie soll das auch anders sein bei einem Musiker, der so viele musikalische Spuren hinterlassen hat. Ein Sound, bei dem sich zur Nostalgie noch eine leise Melancholie gesellt. Andere Titel sind mir vertrauter, in denen ich die Stimme von Manne Krug sogar dann heraushöre, wenn sie nur instrumental gespielt werden.

Nach mehreren Instrumentals tritt Günther Fischer ans Micro und kündigt Uschi Brüning an: "Wir haben schon früher über lange Zeit zusammengearbeitet, uns dann aus den Augen verloren und uns dann beide am Horizont wieder wahrgenommen".  Dass beide gemeinsam im Konzert zu erleben sind ist ein Glücksfall, denn hier kommen zwei zusammen, die eine lange Musiktradition verbindet, die ähnliche Auffassungen von Jazz hatten.Als erster gemeinsamer Song ist "In dieser Nacht" zu hören, dass sie schon 1974 mit dem Günther Fischer Quintett für eine LP aufnahm. Im Duett mit Günter Fischer 2023, fast 50 Jahre später, hört man: die beiden können noch immer so gefühlvoll singen.

Sonntag, 2. April 2023

Vorschau April: Magdeburger Jazztage

Im April gibt es wieder die Magdeburger  Jazztage! 

Man muss hinter diese Ankündigung unbedingt ein Ausrufezeichen setzen, denn die immer schwierige Finanzierung des kleinen Jazz-Festivals hat sich in diesem Jahr besonders lange hingezogen. Warnfried Altmann war deshalb bei der Vorstellung des Line up nicht nur die Freude auf die Konzerte, sondern auch die Erleichterung darüber anzuhören, das in gemeinsamer Arbeit von Forum Gestaltung und Gesellschaftshaus wieder geschafft zu haben. 

Aber die Freude überwog, als er am Montag die einzelnen Konzerte und Musiker kurz vorstellte. Das Konzert von Uschi Brüning und dem Günter Fischer Quintetts ebenso wie den heimlichen Schwerpunkt auf osteuropäischen Jazz, den die Magdeburger Jazztage eigentlich schon immer haben und auch das Programm für die jungen Jazz-Hörer. 

Die gute Nachricht und auch eine Empfehlung von Warnfried Altmann: es gibt ein Festivalticket für alle vier Tage, für insgesamt 90 EUR. Das ist 20 EUR weniger als die Einzelkarten für die vier Abende. Man sollte aber schnell sein, denn das Ticket gibt es nur in begrenzter Anzahl.


Hier gibt es das komplette Programm:

MAGDEBURGER JAZZTAGE – JETZT
20. – 23. April 2023