Sonntag, 23. April 2023

Fuchsthone Orchestra: Structures & Beauty

Mit dem Fuchsthone Orchestra gab es einen großartigen Abschluss der Magdeburger Jazztage. Ein letztes Mal für dieses Wochenende gab es großen Sound von der Bühne. Es war toll, wie hier moderner Jazz auf Bigband-Sound traf, der von wunderbaren Solisten geprägt wurde.

Leitung und Komposition: Caroline Thon & Christina Fuchs
Saxophone: Julian Drach, Jakob Manz, Veit Lange, Jens Böckamp, Susanne Weidinger
Trompeten: Jan Schneider, Matthias Knoop, Ruven Weithöhner, Matthias bergmann
Posaunen: Philipp Schittek, Matthias Schuller, Jonathan Böbel, Wolf Schenk
Gesang: Filippa Gojo
Violine: Zuzana Leharovà
Piano: Laia Genc
Gitarre: Andreas Wahl
Bass: Alexander Morsey
Schlagzeug: Jens Düppe

"Es ist selten geworden, dass man eine Bigband einfach so einladen kann", sagte Norbert Pohlmann bei der Ankündigung der Band und berichtete über die bereits vor einem Jahr notwendigen Terminabstimmungen – zu einer Zeit, als die Finanzierung der Jazztage noch nicht mal ansatzweise geklärt war. Um so schöner, dass das Fuchsthone Orchestra in dieser großen Besetzung nach Magdeburg kommen konnte.

Auch wenn sich das Fuchsthone Orchestra nicht als klassische Bigband versteht, sondern viele Spielarten des Jazz in seine Musik einbezieht, beginnt die Band mit einem volltönenden Sound, wie man ihn bei der großen Orchesterbesetzung erwartet. Dabei ist die Musik der Band voller Abwechslung. mal sind düstere Bläserklänge bestimmend, dann wieder leise Interaktionen zwischen einzelnen Musikern oder ganz leise Percussions unter Einsatz aller Instrumente. Mit einigen interessanten Details, so ist eine Geige (Zuzana Leharovà) in der Bigband eher unüblich und auch wenn die Pianistin (Laia Genc) auch mal in die Saiten des Flügels greift und mit den Händen Töne hervorholt, dann geht das über den gewohnten Einsatz des Pianos hinaus. Die Sängerin (Filippa Gojo) wird zum Teil des Orchesters. Statt vorn in der ersten Reihe steht sie hinten, mitten unter den anderen Musikern, was der musikalischen Einbindung des Gesangsparts in den Gesamtklang entspricht.

Das Fuchsthone Orchestra hatte unter anderem Auszüge der brandneuen CD "Structures & Beauty" im Programm. Caroline Thon und Christina Fuchs wechseln sich während das Konzerts so wie auch auf der CD von Stück zu Stück als Dirigentin ab. Dabei wird deutlich, welche unterschiedlichen musikalischen Ansätze beide haben, wie unterschiedlich beide mit der großen Besetzung umgehen. Gemeinsam ist ihnen aber ein Blick durch die Musik auf die Gesellschaft, auf globale Probleme ebenso wie auf das Verhalten der Menschen, bei denen es die gibt, die sich zurückziehen und die (wie Christina Fuchs mit Blick ins Publikum sagt) die, die sich interessieren, engagieren, raus gehen (auch in Konzerte!). 

Caroline Thon legt ihren Blick auf philosophische Themen, bei ihr treffen alte lateinische Verse (in "The Beauty"), aus dem ca. 100 Jahre vor unserer Zeit entstandenen De rerum natura, und buddhistische Weisheiten auf treffen auf buddhistische Gedanken über den Kreislauf des Lebens (in "Khor Ba"). In The Beauty hat sie sich neben der Sängerin eine eigene Sprechgesangstimme in die Partitur geschrieben, rezitiert Zitate aus den alten Schriften.

Christina Fuchs schaut auf die Natur, im Kleinen (in ihrer Suite "Structures", aus der zwei Sätze im Programm sind oder in "Thermal Winds") ebenso wie im Großen (in "Iceland"). Vor "Iceland" spricht sie über abbrechende Gletscher und macht den politischen Hintergrund des Stückes deutlich, in das sie unverkennbar Zitate von Greta Thunberg einbaut: "We had decades of bla bla" ist im Stück mehrfach zu hören. Aggressive Töne stehen für die Qualen der Natur. Die E-Gitarre macht mit verzerrten Tönen das Unbehagen an den Zuständen deutlich und erinnert an Jimi Hendrix' Version der US-Nationalhymne. 

Immer wieder gibt es interessante musikalische Gedanken, etwa die Einbeziehung von Barock-Musik, wenn etwa Caroline Thom der Bach-Zeitgenosse Pisendel als Inspiration dient - im Jazz aber auf den Kopf gestellt, was auch im Titel "Lednesip" Ausdruck findet, der Umkehrung des Namens des Komponisten. Christina Fuchs ließ sich in "Mamoiada" von sardischer Folk Music inspirieren, in dem Stück bekam Bassist Alex Morsey einen Gesangspart und in "Thermal Winds" hört man die Luftbewegungen in eher gehauchten als geblasenen Tönen. 

Während ich dies schreibe, liegt die CD des Orchesters im Player und liefert musikalische Erinnerungen an einen wunderbaren Abend. Deshalb soll an dieser Stelle, am letzten Tag des Festivals, die Empfehlung stehen: gönnen Sie sich das Live-Erlebnis, gehen Sie in die Konzerte! Beim Fuchsthone Orchestra ist dies z.B. in den nächsten Wochen und Monaten möglich, wenn es auf Tour ist.



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