Warnfried Altmann (links) und Norbert Pohlmann blicken auf vier Tage voller Jazz zurück. |
Jeder der vier Festivaltage hatte einen eigenen Schwerpunkt. Am Donnerstag stand moderner osteuropäischer Jazz im Vordergrund, der überraschend frisch und modern war und eher den Clubsound der Großstädte verkörperte. Der Ungar Zoltan Lantos kombinierte seine Geige mit Klängen von Keyboard und Synthesizer. FlyWeToTheMoon, die Band des bulgarischen Trompeters Rokko Zahariev, spielte schnellen Balkan-Jazz. Noch interessanter wurde es, als sich gegen Ende des Abends beide Bands mischten, Trompete und Geige zusammen improvisierten.
Der zweite Abend war eher dem Freejazz zuzuordnen. Drei Bands in überwiegend klassischer Besetzung (Piano, Bass, Saxophon, Schlagzeug) zeigten, was man – sogar unverstärkt spielend – an Kraft und Dynamik aus den Instrumenten rausholen kann. Das war ein Abend voller Freude am improvisieren. Am ungewöhnlichsten war das Trio der drei Engländer Veryan Westen, Trevor Watts und Peter Knight: drei alte Herren, die mit Piano, Saxophon und Violine mit unbändiger Spielfreude die schrägsten Töne zu Musik völlig abseits gewohnter Melodien kombinierten.
Ein Höhepunkt des Festivals war ganz sicher der Klavierabend am Sonnabend, der von der großartigen Aki Takase eröffnet wurde. Die zierliche Japanerin spielte ungeachtet ihres Alters von knapp 70 Jahren mit einer unbändigen Kraft, experimentierte, ersetzte mit ihren Stiefeln stampfend das Schlagzeug. Und hatte auch einen Titel ihrer 1986 in der DDR bei Amiga erschienen LP im Programm. Die Französin Julie Sassoon, von Willi Kellers am Schlagzeug unterstützt, ließ das Klavier eher sanft atmen, setzte auf die leisen und harmonischen Töne. Der aus Leipzig stammende, jetzt auf Ibiza lebende Joachim Kühn prägte Anfang der 60er Jahre die Jazz-Szene der DDR und trat damals auch im Magdeburger „Impro“ auf. Mit seinem Trio interpretierte er klassischen Jazz und Blues auf eine sehr expressive Weise.
Das LeipJAZZig-Orchester unter Leitung des in Magdeburg aufgewachsenen Stephan König lieferte am Sonntag ein grandioses Finale. Die Leipziger Bigband interpretierte die Musik von Hanns Eisler neu und setzte den Schwerpunkt auf dessen Orchesterwerke. Als Zugabe gab es Eislers bekanntestes Werk: die DDR-Nationalhymne. „Die gehört auch zu Eisler, aber wir wollten sie nicht einfach so nachspielen“, sagte König, „und da erinnerte ich mich an Jimmi Hendrix’ geniale Verfremdung der US-Hymne“. Und so intonierten verzerrte E-Gitarren die bekannte Melodie, bevor die Band sie kraftvoll und mit vollem Einsatz aller Kräfte in den musikalischen Kontext osteuropäischer Klänge stellte. Ein starkes Ende des Festivals.
Warnfried Altmann erklärte zu seiner Musikauswahl, „in dem Programm waren anders als oft üblich keine ‚Sicherheiten’ eingebaut, keine Musik, die den Massengeschmack bedient“. Deshalb freute er sich um so mehr darüber, dass es in Magdeburg ein Publikum gibt, dass sich auf neues und interessantes einlässt. Auch die Weiterführung des Festivals kündigte er bereits an: „Im Jahr 2018 wird es die dritten Magdeburger Jazztage geben“.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen