Montag, 20. Dezember 2021

Ruf der Heimat

Mit "Ruf der Heimat" steht ein Jazzquartett auf der Bühne, das mit Saxophon und Posaune eine doppelte Bläserbesetzung hat. Dazu noch ein Bass und Schlagzeug. Worauf man in diesem Fall ausdrücklich hinweisen kann: ein kräftiger Bass, denn auch dieser spielt unverstärkt. Man kommt also in den Genuss einer völlig unverfälschten, akustischen Musik. Unplugged, und das funktioniert auch wunderbar. 

Thomas Borgmann – Tenor- & Sopransaxophon, Flöte
Christof Thewes – Posaune
Jan Roder – Bass
Willi Kellers – Schlagzeug

Das Konzert fand in einer Zeit mit steigenden Pandemiezahlen statt, in einer wieder heranbrechenden Zeit der Unwägbarkeit für Musiker, Veranstalteru und Publikum. "Egal was die Politiker morgen beschließen, wir machen unbeirrt Kunst und Kultur im Forum", sagte Warnfried Altmann bei der Anmoderation der Musiker. "Wir lassen uns heute nochmal ergreifen von vier phantastischen Musikern".

Bei der Instrumentierung bleibt es nicht aus, dass die Musik ab und an auch Anklänge an klassischen New Orleans zeigt – wenn auch in einer eigenwilligen Form. Christoph Thewes Posaune meint man beinahe sprechen zu hören, Willi Kellers legt einen Rhythmus drüber, den er aus dem Maschinenraum des Jazz holt, Jan Roders Bass klingt mit kräftigen, tiefen und groovenden Tönen und dazu kommt Thomas Borgmann mit einem wilden Saxophon. Vor Weihnachten ist das mal eine Gelegenheit, sich so weit wie möglich von romantisch-kitschigem Weihnachtsgedudel zu entfernen. 

Ist die Musik im Wesentlichen auch laut und wild, so kommen auch unvermittelt immer wieder leise Passagen, in denen man die Klänge durchaus als meditativ erleben kann, leise Klänge wie von blechernen Klangschalen, die Posaune als Tempelhorn, dazu einzelne Töne einer Triola. Es ist erstaunlich, wie lange diese mystische Stimmung noch anhält, als die Band schon längst wieder lauter wird.

Nach dem fast eine Stunde fast ununterbrochen gespielten ersten Set beginnt die Musik nach der Pause wieder sehr leise und ruhig. Thomas Borgmann lässt eine Okarina klingen, zwingt das Publikum zum genauen Hinhören; die Gespräche verstummen. Willi Kellers streicht die Trommeln nur leise mit dem Besen und auch der Bass wird nur zurückhaltend gespielt. Auch als Borgmann zur Querflöte greift, bleibt es ruhig. Interessant, wie Thewes an der Posaune die Flötentöne aufnimmt und wiederholt. 

Aber nach diesem ruhigen Intermezzo geht es zurück nach New Orleans. Und aus den Musikern wird so etwas wie eine kleine Marching Band, wenn sie sich auf der Bühne bewegen. 

Christoph Thewes wies auf die gesamte Geschichte des Jazz hin, die in das Konzert einfließt, den bereits genannten New Orleans Jazz, Swing, Bebop, Funk. "Aber das ist ähnlich wie bei abstrakter Kunst keine abstrakte Wahrnehmung eindeutiger Bilder". Und "Ruf der Heimat", stelle ich die wohl unvermeidliche Frage, "wo kommt das her?" Die Musiker lachen, und geben eine der möglichen Erklärungen preis, in der die Heimat des Jazz eine Rolle spielt, all die musikalischen Themen und Geschichten aus dem Familienalbum des Jazz.


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