Werner Kirschbaum – Piano
Matthias Schubert – Saxophon
Sven Pollkötter – Schlagzeug
Ihr Konzert in Magdeburg beginnen die drei Musiker mit verhaltener Kraft. Als müßten sie sich stark zurückhalten, halten sie nach wenigen Tönen immer wieder kurze Augenblicke inne, um aufeinander zu lauschen. Lange bleibt das nicht so und die Anspannung entlädt sich in einem wilden Dröhnen aus Matthias Schuberts Saxophon, kräftigen Griffen von Werner Kirschbaum in die Tasten und Sven Pohlkötters Schlägen auf Felle und Blech. Ein „Probieren was geht“ scheint da drin zu stecken, aber immer wieder auch kurz ein aufeinander hören, denn als das Klavier leiser wird, scheint auch das Saxophon auszuatmen. Am Ende steht eine wirklich erholsame Stille, die sich auch die Zuhörer lassen, bevor es kräftigen Applaus gibt.
Zu allen Titeln des Konzerts hatte Werner Kirschbaum kleine Anekdoten zur Entstehung, Gedanken zur Musik. "Wichtig an der Musik ist, daß man einander etwas zu erzählen hat", sagte Kirschbaum. So wie bei fis blow: „Ein Klavier, auf dem ich üben wollte, war verschlossen, aber der Deckel war auf. Da schaute ich mal, was man damit anstellen kann“. Dabei entstand ein Stück musikalisches Spielzeug, mit leise gezupften Saiten, begleitet von flüsternd leisen Tönen, die Matthias Schubert auf seinem Saxophon reibt, kratzt, auf seinen Tasten klappern lässt, ohne überhaupt Luft in das Instrument zu blasen. Ebenso leise bleibt auch das Schlagzeug. Es bleibt Raum für eigene Assoziationen, um dann am Ende festzustellen, daß ein Klavier keine Tasten braucht, um zu klingen.
Bei anderen Stücken ist es Matthias Schubert, der kräftige Akzente setzt. Etwa wenn er in Talking wild sein Saxophon in einer Phantasiesprache sprechen läßt, es als Verstärkung seiner Stimme nutzt. Musikalischer Dadaismus, in den später Klavier und Schlagzeug einstimmen.
Wie kommt man auf all die Ideen, wollte ich von Werner Kirschbaum wissen. "Oft entsteht die Musik in extremen Situationen", sagte er. "Das kann durchaus auch die Ruhe nachts im Garten sitzend sein". Die Überlegungen zur Entstehung von Kirschbaums unkonventioneller Musik ergänzt Warnfried Altmann mit dem Vergleich zur klassischen Musik als völligem Gegensatz: "Dort gibt es ein fest vorgegebenes Klangideal, dem alle folgen – im Jazz gibt es dagegen so unendlich viele Möglichkeiten".
Davon gab es im Konzert auch noch viel mehr, auch mit musikalischem Witz. Etwa wenn ein Titel Bimmel Bells hieß und Werner Kirschbaum ihn mit kleinen Glasklöppeln auf den Saiten spielte. "Das sind gläserne Tropfen und hingen am Weihnachtsbaum", erklärte er. Schwebende Klänge des Klaviers und späters des Saxophons füllen den Raum, bis er beinahe in Resonanz zu geraten scheint, nur das Schlagzeug arbeitet blechern dagegen an. Oft steigern sich die drei Musikern in ihren Improviationen gegenseitig so kräftig, das man sich immer wieder fragt, was unverstärkt (!) aus den Instrumenten herauszuholen ist. Am Ende steht dann noch ein auskomponiertes Stück (mit dem bezeichnenden Titel marked notes), das sich als kräftiger Marsch erweist, mit dem ein Abend voller Kraft zu Ende geht.
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