Montag, 20. Juni 2016

Field

Heute stand Uli Kempendorffs Quartett „Field“ auf der Jazzbühne des Magdeburger Schauspielhauses, mit
Uli Kempendorff – Saxophon, Klarinette
Ronny Graupe – Gitarre
Jonas Westergaard – Bass
Oliver Steidle – Schlagzeug

Die Musik von Uli Kempendorffs Projekt "Field" ist voller Experimente, voller musikalischer Spannung. Das wurde gleich zu Beginn des Konzerts, im Stück "Drehtür" deutlich, als die vier Musiker der Band in wilden Klängen gegeneinander spielen, jeder sich um Dominanz bemühend, und erst am Schluß – als das Ohr sich gerade an die Klangvielfalt gewöhnt hat – zueinander finden, sich auf eine gemeinsame, fast schon harmonische Melodie einigen. Wenn Warnfried Altmann bei der Vorstellung der Band auch von durchkomponierten Stücken sprach, so scheint die Improvisation Teil der Komposition zu sein, so lebendig, impulsiv und aus dem Augenblick heraus entstanden klang die Musik.

Etwas zum genau hinhören waren dann die vier Himmelsrichtungen, einem Stück, zu dem sich Uli Kempendorff von Gesängen und Prophezeihungen des indianischen Medizinmannes Rolling Thunder inspirieren ließ und über das er sagte, "es besteht aus vier den Himmelsrichtungen zugeordneten Sätzen und einem Epilog – mal sehen, ob Sie dem folgen können, das schaffen nicht alle". Doch, das schaffte man, und es war schön, sich in Gedanken Assoziationen hinzugeben, etwa über die Bahn der Sonne durch die Himmelsrichtungen: vom Sonnenaufgang im Osten mit noch ruhiger Musik, über den Mittag, bei dem so richtig "Leben in die Bude kommt" und E-Gitarre und Bass kräftige metallisch-klare Töne beisteuern, ehe es zum Abend (West) und zur Nacht (Nord) hin wieder ruhiger wird und die Musiker im Epilog die Eingangsmelodie wieder aufgreifen.  

In "Helmspecht" (benannt nach einer amerikanischen Spechtart, die wie ein Schwarzspecht mit roter Punk-Frisur aussieht) gibt Schlagzeuger Oliver Steidle den Rhythmus vor, trommelt einen Marschrhythmus, der in Verbindung mit Kempendorffs Klarinette von Strawinskys "Geschichte vom Soldaten" inspiriert schien. Einige Stücke steuern dem Konzert dann leise Aspekte bei, wenn etwa Jonas Westergaard seinen Bass leise zupft und die anderen Musiker nur zurückhaltend einstimmen. Solche kleinen musikalischen Miniaturen haben dann nichts von der Aufgeregtheit und Quirligkeit der vorangegangenen. In "Druffi" ist die Musik wieder zurück in der Großstadt und gibt Impressionen aus Berlins Stadtteil Kreuzberg wieder. Wenn Ronny Graupe seine Gitarre in langen Passagen elektronisch verzerrt spielt und sie dabei über mehrere Oktaven hindurch variiert, dann spürte man Einflüsse des Fusion Jazz der 1970er Jahre.

Viele Stücke konnten auch als Programmmusik gesehen werden, deren Bedeutung sich erst durch die Titel der Stücke erschließt. Stücke wie "aggressively loving" oder wie "you don't have to win me over", bei dem anfangs zurückhaltend leise Klänge von Bass und Saxophon dominieren, in die sich dann Gitarre und Schlagzeug percussiv mischen und Ende Experiment und Klarheit gegeneinander stehen. So war das Konzert ein Abend voll interessanter, neuer Klänge, konzentriertes Hören erfordernd und nichts zum entspannt nebenbei laufen lassen.


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