Samstag, 13. April 2019

Lechner und Couturier

Der zweite Teil des Jazzabends gehörte einer sehr leisen Form der Musik, bei der man erst einmal überlegen muss, ob man sie noch dem Jazz zuordnen kann. Ja, kann man, weil man beim Hören merkt, dass auch das wie klassisch inspiriert klingende Programm viele improvisierte Elemente enthält. 
Anja Lechner – Violoncello
Francois Couturier – Piano


Anja Lechner kam auf den Vorschlag (und auf den unbedingten Wunsch) Warnfried Altmanns ins Programm. "Ich habe mich gefreut, dass das sich dann wirklich so ergeben hat", sagte er, "und auf den Einwand 'aber da ist ja gar kein Schlagzeug dabei' würde ich entgegnen, 'auch in jede Linsensuppe gehört eine Prise Zucker'". Was er damit meinte wurde bei den ersten Klängen des Cellos klar, die sich leise, wie hingehaucht, über die Töne des Klaviers legten. Man meint in einem klassischen Konzert zu sitzen (was dann auch zur häufigen Bestimmung des Gartensaals des Gesellschaftshauses passen würde). Leise und betörend sanft zupft sie Tonfolgen auf den Saiten, die auch gut von Johann Sebastian Bach stammen könnten.

Nach einem weiteren sehr leisen Part (ich hatte da Bilder wie zu Filmmusik vor meinen Augen, irgendwas wie ein Flug über schneebedeckte Berge) steigerten beide die Dynamik ihres Spiels, werden die Klänge kräftiger und tänzerisch schwungvoll. Dann wieder legt Anja Lechner dissonant gestrichene Glissandi über einen im Vordergrund stehenden Klavierpart.

Ab der zweiten Hälfte wird die Musik der beiden jazziger, wenn auch auf eine sehr ruhige Art dieses Begriffes. Aus winzigen Veränderungen der gespielten Klavierakkorde heraus entwickeln sich Veränderungen in den von Anja Lechners Cello durchgeführten Wiederholungen. Musik wie eine freie Improvisation über eine Bach-Melodie entsteht.

Anja Lechner berichtet davon, dass sie für die Programme Musik aus der ganzen Welt kombiniert. "Sie muss nur zu uns passen", sagt sie. Dazu gehörte dann auch ein Stück des georgischen Komponisten Gija Kantscheli. Das war mich sehr interessant, schließlich ist Kantscheli hierzulande weitgehend unbekannt, ich hatte aber schon vor einigen Jahren mal sehr interessante Filmmusik von ihm gehört. Als Zugabe dann nochmals ein rhythmisch akzentuiertes Stück, bei dem das Klavier in minimalistischer Weise kleine Muster stetig wiederholt.

Beim konzentrierten Spiel beider Musiker konnte man wirklich über weite Strecken annehmen, dass da fertige Kompositionen auf den Notenblättern standen. "Nein, von der Musik entsteht vieles unmittelbar während des Spiels, wird von uns aus den vorher abgestimmten Melodien heraus improvisiert", sagte mir Anja Lechner nach dem Ende des Konzertes.


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