Montag, 20. Januar 2020

Subsystem: Bauhauskapellentraum

Mit Anlehnungen an die verrückten Kunstvorstellungen des Bauhauses: die Berliner Band SUBSYSTEM mit ihrem Projekt Bauhauskapellentraum:
Almut Schlichting – Baritonsaxophon, Komposition
Sven Hinse – Kontrabass, Komposition
Jacobien Vlasman – Gesang
Christian Kögel – Gitarre

Die Band beginnt mit Sprechgesang, mit irgendwelchen verrückten Versen und Wortspielereien von den „Bauhaus-Bananas“, und einer Musik, in der „ausgerechnet Bananen“ steckt oder auch Zabadak, der erste Titel des Konzertes hatte zugleich etwas von komplizierter Rhythmik wie von lässig gesungener easy Strandmusik, wozu sicher auch die später hinzukommende Hawaii-Gitarre von Christian Kögel gehört. Neben der Stimme prägten vor allem der Bass und die Gitarre die Musik, Almut Schlichtings riesiges Baritonsaxophon summte ab und an wie ein brummendes Insekt darüber. Später entwickelten die Musiker ein Duett von Saxophon und Gitarre, erst langsam und dann, als der Bass dazu kommt, immer schneller werdend, eine Mischung aus dadaistischen Klängen und brasilianischen Rhythmen.

"Das entsprach auch dem Gefühl der damaligen Bauhauskapelle", sagte Almut Schlichting, "das war eine bunte und wilde Truppe, eine Tanzkapelle, die viel experimentiert hat, entstanden im Thüringer Jazz-Milieu". Aufnahmen gibt es nicht, erklärte sie weiter, "aber wir haben einiges zur Musik gefunden und zu eigenen Collagen verarbeitet". Eines davon, den Bauhausmarsch "Itten Mucha Mazdaznan", ist den ersten Bauhaus-Lehrern Johannes Itten und Georg Muche gewidmet. Und das damalige Erkennungszeichen der Bauhäusler, der Bauhaus-Pfiff ist darin verarbeitet. Auch wenn nicht viel überliefert ist, gibt es doch Berichte von Zeitzeugen, die von der Musik, die damals sehr wild gewirkt haben muss, überaus begeistert waren.

Ganz anders, im Stil von Bachs Instrumentalmusik klingt "Feiningers Lied" – Lyonel Feininger malte nicht nur sondern (was ich bis dahin nicht wusste) komponierte auch und orientierte sich u.a. an der Musik von Johann Sebastian Bach. Mit dem Jazz-Gesang von Jacobien Vlasman wurde daraus eine mehrstimmige Fuge, bei der das Bariton-Saxophon die Bassstimme lieferte und Christian Kögel verzerrte, lange nachklingende Gitarrentöne hinzufügte.

Einige der Stücke gingen auf Andor Weininger zurück, dem Schauspiel zugewandter Bauhausstudent. "Ich stelle mir dabei vor, wie er damals das Bauhaus-Manifest deklamierte", sagte Bassist Sven Hinse. Der Herkunft Weiningers entsprechend gab es viele ungarische Rhythmen, Jacobien Vlasman hat in ihrem Gesang einen Text über den Beruf des Architekten. Ein anderes, gleichfalls von ungarischer Volksmusik inspiriert, kam sehr rockig daher.

Interessant und zugleich lustig war "Makramee". "Sicher kennt jeder von Euch die vielen Knoten, die zu Netzen verknüpft werden", sagt die Sängerin (zustimmendes Nicken im Publikum), und sang dann mit ineinander übergehenden Silben á la Makramee - Mikrama - ..., in einem immer exzessiver werdenden Gesang.

Ein Lied mit der Textzeile Ich webe Muster aus Form und Klang / ich webe den ganzen Winter lang / ich webe den Teppich für den Raum / ich webe am Tage und im Traum wies auf Bauhaustätigkeiten hin, zugleich bewies es wieder die Wandlungsfähigkeit der Band. Eben noch wild und fröhlich, war die Musik nun langsam und melancholisch. Mich erinnerte es ein wenig an Schuberts Winterreise. ... ich webe hell und dunkel, schwarzweiß, grau / abstrakt, quadratisch, blau.

Am Ende wurde es wieder fröhlich. Der "Bubikopf-Calypso" hatte Anklänge an Surf-Musik und in zwei Stücken des Berliner Dadaismus-Dichters Ulrich Goerdten gab es dadaistische Poesie im Stil von Kurt Schwitters, vom Saxophon kräftig begleitet und einen dadaistischen Boogie.

Nach dem Konzert frage ich noch nach den Hintergründen des Konzertes. Das hätte ja ganz gut zum 100jährigen Bauhausjubiläum des vergangenen Jahres gepasst?  "Nein", sagte Almut Schlichting, "unser Projekt entstand unabhängig von dem großen Jubiläum". Umso interessanter, wie die Ideen des Bauhauses auch heute noch wirken. 


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