Montag, 18. Februar 2013

Basement Research

Gebhard Ullmann, Pascal Niggenkemper,
Julian Argüelles, Steve Swell, Gerald Cleaver (v.l.n.r.)
Basment Research, mit
Gebhard Ullmann – Saxophon, Bassklarinette
Steve Swell – Posaune
Julian Argüelles – Bariton- und Sopransaxophon
Pascal Niggenkemper – Bass
Gerald Cleaver – Schlagzeug

Gebhard Ulmann gründete Basement Research vor zwanzig Jahren, als er nach New York ging, um in der dortigen Jazz-Szene zu spielen, und begann damit das, was er als seine musikalische Achse Berlin  – New York bezeichnet. Seitdem ist er ein Pendler, vielleicht besser ein Vermittler, zwischen diesen musikalischen Welten.  Die aktuelle Jubiläumstour führt Basement Research quer durch Deutschland und weiter, bis hinunter nach Italien.

Das Konzert beginnt mit allmählich steigender Intensität, so als wollen sich die Musiker erst einmal warmspielen. Ullmann spielt improvisierte Basslinien, Cleaver an den Drums und Niggenkemper am Bass begleiten ihn, bevor dann Argüelles am Baritonsaxophon und später Swell auf der Posaune hinzukommen. Der zunächst spielerische Eindruck steigert sich zu einem Ausprobieren unterschiedlicher Melodien, bei denen mal das Saxophon, mal Swells Posaune führen. Damit ist auch die grundlegende Richtung des Abends klar: es kommt eine wilde und lebensfrohe Musik auf die Bühne, die keine Zeit zum Ausruhen läßt, die Unruhe der großen Metropolen in sich trägt.

Dabei zeigen die fünf Musiker zwischendurch immer wieder, daß sie auch die melodischen Töne beherrschen. Wenn beispielsweise Swell Melodien anstimmt, die man eher im Balkan vermutet hätte und die Band dies dann kurze Zeit später in Südstaatensound wandelt. Die Wandelbarkeit der Musik scheint auch Ziel der Musiker zu sein. Die wenigen ruhigen Töne gehen mal in Dissonanzen über, mal in groovige Klänge, mit immer wieder neuen interessanten Wendungen.

Zwischendurch erläutert Ullmann einige seiner Musikstücke, denen er Namen gab wie Kreuzberg Park East, in dem er musikalisch erklingen läßt, was man dort hört, Stimmen – hier natürlich Musik – beinahe aller Erdteile als wildes Durcheinander. Oder Gulf of Berlin, als Remineszenz an die Berliner Strandbars. Nicht immer ist das genau an der Musik festzumachen, es zählen dabei eher die Assoziationen, die dem Hörer bei der Musik vor die Augen kommen. Das kann dann auch viel weiter entferntere Kreise ziehen als es die Strandbars sind, etwa zur Berliner Tanzsaalkultur der 20er Jahre oder zu den Sirenen der Ozeandampfer (wenn etwa das an den den Golf erinnern soll...). Dabei ist auch etwas Witz dabei, wie bei seiner Geschichte zu Wo bitteschön geht's zu den Hacke'schen Höfen – der genau einen (oder wenigsten einer ähnlichen) Frage, die Touristen in Berlin Mitte stellen. Ein Problem von Programmmusik ist immer, daß man zumindest eine ungefähre Vorstellung von dem haben muß, was die Musik beschreibt. Wer Berlin aber etwas kennt, konnte das Gewimmel der Touristen heraushören oder das Quitschen der Straßenbahnen am Hackeschen Markt. Das Stück führte in ein beinahe kakophonisches Durcheinander – ganz so schlimm ist Berlin aber selbst dort nicht :-).

Interessant wurde es auch an den Stellen, an denen die Musiker als Solisten zeigen, daß sie Meister auf ihren Instrumenten sind. Das sind dann auch die Momente, in denen sich das Ohr von der Vielfalt der Klänge ausruhen kann. Etwa wenn Ullmann  seine Bassklarinette mit Zirkularatmung, ohne Pause und einem Didgeridoo ähnlich spielt und damit Anklänge an Australien liefert, um daraus denn einen Blues der Südstaaten werden zu lassen, wenn Argüelles auf dem tiefen Baritonsaxophon Musik spielt, die aus einer Bach-Fuge zu stammen scheint, Swell der Posaune den gesamten Umfang an Tönen und Dynamik entlockt oder Niggenkemper seinen Baß in experimenteller Weise bearbeitet.

Das Konzert klang mit einer ruhigen Zugabe aus , bei der nochmals die tiefen Töne der Blasinstrumente betont wurden, die bereits im Bandnamen "Basement Research" angedeutet werden. Als Titel hätte darüber vielleicht so etwas wie "Alpensymphonie" stehen können – die ruhigen Baßtöne erinnerten jedenfalls an den Klang von Alphörnern als großer alter Verwandter von Baßklarinette und Baritonsaxophon (man verzeihe mir diesen instrumentenkundlich völlig unhaltbaren Vergleich).


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