Montag, 16. Mai 2022

Almut Kühne und Jordina Millà

Heute kamen Improvisation mit der menschlichen Stimme und Improvisation am Klavier zusammen. Ein Programm voller Gefühl und Dynamik. 

Almut Kühne – Gesang
Jordina Millà
– Klavier

Die menschliche Stimme steht in diesem Jahr im Mittelpunkt der Konzerte. Ursprünglich hatte Almut Kühne ihr Konzert gemeinsam mit Jan Heinke geplant, der mit seinem riesigen Stahl-Cello nach Magdeburg gekommen wäre (so stand es noch im Jahresprogramm). Voll Trauer musste sie mitteilen, dass Jan Heinke an einer schweren Krankheit verstorben ist. "Morgen ist die Trauerfeier für ihn", sagte sie, "und ich darf jetzt gar nicht daran denken, sonst kann ich nicht singen". Das Konzert widmete sie dem Andenken an Jan Heinke, der ihr, wie sie sagte ein musikalischer Freund war, mit dem sie wunderbar improvisieren und sich über Musik austauschen konnte.

Leise Klaviertöne von Jordina Millà standen am Beginn des Konzertes. Als Almut Kühne zu singen beginnt, ist das eine leise Mischung aus Melodiestimme und Sprechgesang. Dabei liegt ihrem Gesang eigentlich gar kein Text zugrunde, Silben und Worte sind Mittel des Ausdrucks, der Emotion, Grundlage auch für Assoziation beim Hörer. Ihre sehr ausdrucksvolle und wandelbare Stimme, die gerade im ersten Teil des Konzertes dem Hörer ein melancholisches Gefühl spüren lässt. Eine Stimme, die auch unverstärkt durch den Raum trägt – wie man merkt, wenn sie sich singend vom Mikrophon entfernt.

Jordina Millà spielt das Klavier nicht einfach nur mit den Tasten, sie greift auch in den Körper des Instruments, streicht die Saiten an, schlägt sie mit Klanghölzern an, setzt Klangschalen aus Messing auf die Saiten. Dazu kommen einige elektronische Verfremdungen dieses an sich schon eigenartigen Klanges. Und das alles mit einer leisen Konzentriertheit, die die Ohren für jede noch so kleine Nuance schärft. 

Das Magdeburger Publikum lauscht aufmerksam, lässt sich auf diese für einen Jazzabend ungewohnten Klänge ein und lässt die leise endenden Stücke, lässt den Klang des Instruments und der Stimme der Sängerin bis zur Nicht mehr Hörbarkeit des letzten Tons ausklingen. Eine wunderbare Atmosphäre. 

"Dass das Konzert so traurig begann", sagt Almut Kühne, "war auch eine Erinnerung an Jan Heinkes Stahlcello, das seine Klänge so sehr langsam aufbaut". "Eigentlich bin ich ja ganz das Gegenteil davon", fügt sie hinzu, "ich mache alles gleichzeitig und schnell". Und  so folgt dann auch ein Stück, bei dem ihre Stimme schnell von Ton zu Ton springt, oft über ganze Oktaven hinweg Tonfolgen improvisiert, immer mit Blick auf Jordna Millà. mit der sie sich in den improvisierten Klängen abwechselt.

Dann wieder Stille, ihre Stimme nur wie ein Windhauch, dazu leises Schnalzen und Klicken. Für mich klingt das wie eine sehr minimalistische Form von Beatboxing. Ist das etwa so? "Nein", sagt sie nach dem Konzert, "auch wenn das für den Hörer so klingen kann. Aber Beatboxing versucht eben, Instrumente, Schlagzeug, nachzumachen. Und mit der Stimme drücke ich original etwas aus, was kein Instrument ist". 

Die beiden Musikerinnen, die nichts vorher notiert haben, sich nur mit kurzen Blicken verständigen, haben aber schon ihren Spaß an der Musik. Eines der Stücke nennen sie "hysterisches Weibsbild", Almut Kühnes Stimme hoch und schrill bis fast an der Hörgrenze, dazu Jordina Mill, die das Klavier wie ein Gamelanorchester klingen lässt.  

Zwischendrin gibt es ein längeres Klaviersolo, bei dem Jordina Milàs Klavier klassisch, aber auch sehr kräftig klingt und zuweilen Einflüsse von Zwölftonmusik hören lässt. Eindrucksvoll ist  aber auch ihr "Zauberkasten" von unterschiedlichen Utensilien zum Beeinflussen des Klangs des Instrumentes. 

Alles in allem ein tolles, ein sehr interessantes Konzert. Bei aller Kraft und Ausdrucksstärke beider Musikerinnen lag für mich der Schwerpunkt auf  den leisen Stellen der Musik. Schön dass das Magdeburger Jazzpublikum so konzentriert zuhörte und auch am Ende der Stücke die Töne bis zum Schluss ausklingen ließ.


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