Otto Hirte – Sax, Flöte, Klarinette
Leon Albert – Gitarre
Marius Moritz – Piano
Sebastian Braun – Bass
Halym Kim – Schlagzeug
Die "Sonoren Wandbehänge" im Bandnamen entnahm der Berliner Pianist Marius Moritz dem Titel einer von Eric Satie geplanten (aber dann doch nicht veröffentlichten) Sammlung von Musikstücken. Satie ist am bekanntesten für seine kurzen Klavierstücke, wie zum Beispiel die Gymnopedien. "Wir haben aber absichtlich die unbekannteren Stücke von Satie herausgesucht", sagte Marius Moritz. Zu den so entstandenen Adaptionen für das jazz-Quintett trug dann jeder der Musiker (die sich während des Studiums an der Dresdener Musikhochschule kennenlernten) etwas bei. "Jeder brachte da 'seine' Satie-Stücke mit, die Arrangements entstanden dann in gemeinsamer Arbeit".
Im ersten Stück des Abends, der Meditation, lassen die ersten Klänge eher auf Kammermusik schließen denn auf Jazz. Marius Moritz spielt leise Tonfolgen auf dem Klavier, zu denen bald Sebastian Brauns gestrichener Bass kommt und Otto Hirte in sein Saxophon haucht, beinahe nur Windgeräusche erzeugt. Als dann alle fünf Musiker bald drauf lso spielen, kommen nun auch die jazzigen, improvisierten und schrägen Töne. Wildes Saxophon, kräftige Schlagzeugrhythmen. Und als am Ende alle anderen verstummen, bleiben noch Marius Moritz' leise, konzentriert gespielte Klaviertöne. "Für uns sind Saties Kompositionen eine hervorragende Basis, die einem Stück Identität schafft, ohne sich beim Spielen zurückhalten zu müssen", sagte der Pianist, der zum Hintergrund des gemeinsamen Projektes sagte, "wir haben die CD im Jahr 2016 zum 150. Geburtstag von Eric Satie (1866 bis 1925) aufgenommen".
Otto Hirte brachte Abwechslung in die musikalische Besetzung, der zwischen Saxophon, Klarinette und Querflöte wechselte. Im zweiten Stück (porteur de grosses piere) war er es dann auch, der mit der Flöte die Melodie vorgabe, von Leon Albert und dessen aus wie einer Harfe perlenden Tönen der Gitarre begleitet. Diese Gitarre klingt, durch (sparsam eingesetzte) Klangeffekte mal klar und hell wie eine akustische Gitarre, mal blechern wie ein Gamelanorchester.
Dann wieder ein sehr ruhiges Stück, von Satie in Betrachtung gotischer Architektur komponiert (Idylle, nach Saties Ogive III). Mit der markanten Querflöte klingt die Musik ein wenig wie von Debyssy.
So witzig wie manche Titel von Satie ist auch dessen Musik (oder auch deren Jazz-Adaption). Aus einer Bühnenmusik wählten die Musiker drei Tänze für einen tanzenden Affen aus. Walzermelodien, später ein Marsch, werden immer wieder kurz unterbrochen und der Konzertbesucher denkt die Melodie immer ein Stück im voraus mit. Satie gab seiner Musik oft Spielanweisungen mit, die teils phantasievoll, teils absurd klingen, aber den Musikern damit auch Raum zur Interpretation geben. Etwa wenn er Musik einem Hund widmet (Allein daheim und nach der Bestrafung – und die Klarinette die gequälte Kreatur wiedergibt) oder er ein Stück mit "Ein Mann und eine Frau unterhalten sich, sie redet allein, er stirbt am Ende vor Erschöpfung" beschreibt. Andere Stücke klingen in der Bandversion ein wenig nach 70er Jahre Prog-Rock, oder wie das 3. Nocturne harmonisch-rhythmisch, und am Ende des Konzertes steht ein Stück, das Satie aus dem 15. Jahrhundert adapiert hat, und dessen Melodie in der Verion der Band zunächst bald hinter wilder Improvisation verschwindet, um dann gleich um so kräftiger wiederaufzutauchen, nur von der Gitarre begleitet, die die Melodie teils synkopisch versetztspielt, bis dann am Ende wieder ein wildes Durcheinander aller Instrumente steht.
Als Zugabe gibt es ein ganz kurzes Stück von Satie, eine Militärparade beschreibend. "Wir spielen diesmal Originaltext", sagt Marius Moritz. Daraus wird dann auch wieder eine wilde Improvisation, die sich aber in einem wirklich im Original orientiert: nach zwei Minuten ist dann Schluss. Kurz, kräftig und gut!
Als ich nach dem Konzert nach Hause fuhr und der gerade aufgegangene Vollmond groß und gelb über der Straße stand, lief im Autoradio die CD der Band, die nicht nur hörenswert ist, sondern auch einen haptischen Eindruck hinterlässt. "In Stralsund kennen wir den Besitzer einer alten Druckerei, der zufällig auch Jazz liebt", erklärte Marius Moritz. "Er hat für uns die Cover der CD auf einer alten Druckmaschine gedruckt und da ist jedes ein Stück ein Unikat, jedes hat eine ein klein wenig andere Oberflächenstruktur" (die man auch mit den Fingern fühlen kann). Als Illustration gibt es im Booklet Saties grafische Beschreibungen der Musik.
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