Montag, 16. Juni 2014

Hanschel Fügemann Mussawisade

Heute war nicht nur der Jazz-in-der-Kammer-Termin, sondern auch das erste Spiel der deutschen Fußballmannschaft in Brasilien bei der Fi-Fa-Fußball-Weltmeisterschaft. So zweifelte Warnfried Altmann noch kurz vor Beginn des Konzertes, ob sich überhaupt ein paar Konzertbesucher zusammenfinden würden. Diese Sorge war jedoch unbegründet, das Konzert war trotz Fußball gut besucht. Und die Konzertbesucher konnten einen interessanten Jazz-Abend als musikalische Alternative zum Fußball genießen. Auf der Bühne im Magdeburger Schauspielhaus standen:

Roger Hanschel – Saxophon
Elisabeth Fügemann – Violoncello
Afra Mussawisade – Percussion


Roger Hanschel stellte in Magdeburg seine allerneueste CD vor (die es noch gar nicht als CD gibt – die Aufnahmen laufen gerade, und auch im Magdeburger Schauspielhaus wurde mitgeschnitten). Hanschels sehr anspruchsvolle Kompositionen beginnen mit einem Charlie Mariano gewidmeten Stück, zunächst sehr sacht, mit beinahe unhörbar leisen Tönen auf dem Cello und dem Saxophon, die – wären da nicht die allmählich einsetzenden Dissonanzen – beinahe an eine Waldsinfonie deutscher Romantiker denken lassen. Mal meint man auch Reverenzen an Rimsiki-Korsakows Hummelflug zu hören, mal Debussy. Doch bald entwickeln sich aus den anfänglich ruhigen Tönen komplizierte Klangstrukturen, in denen man als Zuhörer schon meint, den musikalischen Faden zu verlieren, bis sich wenig später das musikalische Chaos auflöst wie ein Nebelvorhang in der Morgensonne. Hervor tritt eine klare Melodie, von Mussawisades Rhythmen orientalisch geprägt. Eine komplizierte Musik, bei der vor allem das Können der Cellistin gefordert ist. 

Später nimmt Hanschel in seinem ansonsten akustischen Konzert die elektronische Loopstation zu Hilfe, um sein Saxophon zu verdoppeln, seine Töne den zuvor live eingespielten zu überlagern. Zarte Schwebungen entstehen so, die er in seinem langen Saxophon-Solo einer minimalistischen Musik gleich in langen Folgen wiederholt. Wenn er eben noch  laut und kräftig spielte, so klingt das Saxophon nun beinahe unhörbar leise. Vor der Pause wurde es dann nochmal laut und kräftig, als sein eben noch ruhiges Stück (mit dem passenden Titel "Beruhigung II") übergangslos in das nächste übergeht. "Personal Dharma" nennt es Hanschel und versteht es der buddhistischen Bedeutung des Wortes gemäß als Beschreibung seiner Lebensauffassung, seiner Musik. Eine Musik, die er mit seinem Saxophon bestimmt, von Cello und Percusssion dabei unterstützt.

Im zweiten Set des Abends erklangen bereits etwas ältere Stücke Hanschels. So die seinen Söhnen gewidmeten Kompositionen "Leander" und "Levin". Hier kam Elisabeth Fügemanns Können am Cello zum vollen Ausdruck, wenn sie es nicht nur auf herkömmliche Weise spielte, sondern auch den Obertonumfang des Instrumentes nutzte, sich auf experimentelle Klänge einließ. Ebenso begeistert sie auch in dem Stück "Extrembiose", dessen Titel sich vielleicht als extremste Symbiose zweier Instrumente interpretieren lassen kann. Fügemann streicht nicht nur die Saiten, sie erzeugt Stakkatotöne mit dem darauf geschlagenen Bogen, interagiert mit Hanschels langen Saxophonsätzen und Mussawisades Rhythmen.

Das Konzert war keine leichte Kost vor der Sommerpause, sondern eine intensive Musikerfahrung mit drei großartigen Musikern.



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