Im Januar zu Gast im Magdeburger Schauspielhaus: Die Band ROSE HIP mit ihrem Programm „Appetite“.
Christiane Hagedorn – Gesang
Alex Morsey – Bass, Sousaphon, Tuba, Arrangement
Christian Hammer – Gitarre
Martin Scholz – Piano, Cornett
Christian Schoenefeldt – Schlagzeug
Das Konzert von Christiane Hagedorn und ihrer Band ROSE HIP fand vor ausverkauftem Haus statt. Auch wenn in den vergangenen Monaten die Zahl der Zuschauer (erfreulicherweise!) immer weiter stieg, so war doch der folgende Dialog an der Abendkasse schon sehr ungewohnt:
Zwei Karten bitte. – Haben Sie reserviert? – Nee, hätten wir sollen? – Na ja, eigentlich sind die Karten alle schon im Vorverkauf weg oder vorbestellt.
Es gab zum Glück doch noch Karten – es wurde halt alles an Stühlen ins Foyer des Schauspielhauses getragen, was nur irgend ging, inklusive der Barhocker, und ein paar Stehplätze gab es auch noch.
Vielleicht lag der Besucheransturm daran, daß seit langem mal wieder eine Sängerin auf der Magdeburger Jazzbühne stand (davor zuletzt im Mai 2012 Masha Bijlsma und im Januar 2010 Unni Løvlid). Und ein wenig sicher auch daran, daß diese Sängerin ihre familiären Wurzeln in Magdeburg hat. Wie auch immer, es hat sich gelohnt, dieses phantastische Konzert zu besuchen, und wer vorher schon mal in die Musik von ROSE HIP hineingehört hatte, der kam bestimmt wegen der Blues- und Soul-Balladen in ihrer abwechslungsreichen Instrumentierung.
Das Lied "Stalking you" zum Auftakt des Konzertes war gute Laune pur, dem Glatteisregen draußen zu trotz allerfeinste Sommermusik: "The Sun is hot, the sky is blue" hieß es darin und die rhythmischen Ska-Klänge aus Alex Morseys Sousaphon sorgten musikalisch für Sommer-Stimmung. Und gleich bei den ersten Liedern ist man überrascht davon, mit welcher Ausdruckskraft und welchem Stimmumfang die zierliche Frau auf der Bühne steht, mal leise ins Mikro haucht, oft aber kräftig und entschieden singt. Wenn Christiane Hagdorn in "Straight ahead" einen langsamen Piano-Blues mit kräftiger
Soulstimme begleitet, dann kann man die Augen schließen und sich
gedanklich in einen New Yorker Jazzclub versetzt fühlen.
In ihren Liedern erzählt Christiane Hagdorn kleine Geschichten, oft mit leisem melancholischen Unterton, der sich in der Musik wiederspiegelt. Eben noch ein Lied vom Verlassensein, so folgt (wie m richtigen Leben) das Finden der großen Liebe ("Sweet Stranger"). Aber immer wieder auch die melancholischen Töne: "Die in spring" (Stirb im Frühling) heißt einer der Titel, dessen Text von Gefühlen handelt, die einem trotz blühender Blumen die Kehle zuschnüren, einen todunglücklich machen. Oder in "just a word", ein Lied über das quälende Schweigen nach einem Streit ("Bitte sag wenigstens ein Wort", heißt es da). Dabei stehen diese traurigen Untertöne in den Texten oft in (gewolltem) Kontrast zur Musik. Diese kommt viel fröhlicher daher als die Texte vermuten lassen, und überhaupt, was heißt da Traurigkeit: schon das Titelstück der aktuellen CD, "Appetite", steht für den Appetit auf alles, auf das Leben, auf die Musik, die Freude, die Liebe.
Nach der Pause beginnt die Band den zweiten Set zunächst als Jazzquartett mit einem Instrumentalstück des langjährigen, vor einem Jahr verstorbenen Bandmitgliedes Robert Kretzschmar, der Christiane Hagedorn lange Zeit musikalisch begleitet hat. Und als sie sich später auf die Stufen der Bühne setzt und zu einem unvollendet gebliebenen Stück von Kretzschmar ihre später hinzugefügte Melodie "Missing Rob" singt und sie ganz leise ausklingen läßt, so ist dies wohl das anrührendste Stück des Abends.
Ganz im Gegensatz zu den nachdenklichen Liedern steht die Musik der Band, wenn sie wie in "Song for you" stark rhythmisch daher kommt. Das macht gute Laune und wären nicht die vielen Stühle – der Saal hätte getanzt. Und das lag sicher auch an den in vielen Liedern deutlich vorhandenen Balkan-Klängen, die weg von Blues und Soul führen und wild und fröhlich daherkommen. So auch in der Zugabe, einem türkischen Liebeslied, das musikalisch beinahe alle Erdteile umfaßt. Das Sousaphon klingt da plötzlich wie ein Didgeridoo, Christian Hammers Gitarre spielt dazu Melodien wie aus Ennio Morricones Westernmusik, spanische Rhythmen mischen sich ein – die Band wurde da zur Weltmusikband.
Die Musiker der Band sind selbst auch in mehreren anderen Jazz-Projekten unterwegs. Christiane Hagedorn wiederum steht am Hans-Otto-Theater Potsdam auf der Bühne, wenn sie grad nicht mit ihrer Band unterwegs ist. Vielleicht ein Grund, mal wieder ins Theater zu gehen (Potsdam ist ja nicht so weit entfernt).
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