Simon Heggendorn – Violine
Ronny Spiegel – Violine
David Schnee – Viola
Bruno Fischer – Violoncello
Simon Heggendorn, Ronny Spiegel, David Schnee, Bruno Fischer (v.l.n.r.) |
Das Kaleidoscope String Quartett spielt in einer für den Jazz wohl einmaligen Besetzung, in der eines klassischen Streichquartetts. Zwei Violinen, eine Viola, ein Cello. Eine Jazzband ohne Rhythmusinstrument, Percussion oder Schlagzeug – geht das denn, mag sich manch einer gefragt haben. Doch gleich nach den ersten Stücken war die Antwort klar: ja, das geht, und sogar bestens. Das Magdeburger Jazzpublikum war jedenfalls begeistert von der Mischung, und möglicherweise lag es auch an der Neugier auf diese interessante Besetzung, die das Foyer des Schauspielhauses so voll wie schon lange nicht werden ließ.
Dabei setzte die Band nicht auf pure Harmonie und den Wohlklang der klassischen Instrumente, sondern auf das Ausprobieren klanglicher Vielfalt. Sowohl in der Harmonik als auch der Dynamik der Stücke. So wie bei "Wishes", mit dem das Konzert begann. Ganz zart kristallisierte sich aus leisen, aber anfangs noch disharmonischen Tönen eine Melodie heraus, wurden Rhythmen eingeführt. Faszinierend zu erleben, wie konzentriert und doch scheinbar leicht die Musiker mit den Herausforderungen umgingen, die ihnen Bandleader Simon Heggendorn mit seinen Stücken gestellt hat. Diese sind ursprünglich durchkomponierte Sätze – durch den Verzicht auf Noten bekommt das Konzert aber eine angenehme Lebendigkeit, klingt die Musik vielfach wie improvisiert. Spielerisch leicht und fast wie von selbst fügen sich die Melodien zusammen. Die Musik einer Gattung zuzuordnen fällt schwer. Bei einigen Stücken hörte ich Ansätze osteuropäischer Musik heraus, sah bei anderen die Berglandschaften der Schweiz beschrieben oder vernahm Anleihen bei Sibelius. Wenn dann aber das Cello wie in "Groovy" einen gezupften Baßrhytmus zugrundelegte, in den die anderen Instrumente einfielen, hatte die Musik beinahe etwas rockiges. Ebenso wenn die Rhythmen in einer nach Beat-Boxing klingenden Art durch das Schlagen der Bögen auf die Seiten erzeugt wurden. Viele der Stücke hatten aber im Grunde etwas zutiefst meditatives, was den Wunsch weckte, die Augen zumachen und einfach nur noch lauschen zu wollen.
Als Zugabe erklang das letzte Stück der aktuellen CD, "One Life", das nochmals ganz leise begann. Die Bögen der Streicher strichen die Korpusse der Instrumente, was wie ein langsames, tiefes Ein- und Ausatmen klang, mit man seinen eigenen Atem unwillkürlich synchronisierte. Erst ganz leise stimmten erst die Violine und dann die anderen Instrumente ein, um dann aus leisen Tönen allmählich ein kräftiges Finale zu entwickeln.
Was so scheinbar leicht dahingespielt herkam, beruht aber auf echtem musikalischem Können. Anders wären die komplizierten, teils vierstimmigen Melodien gar nicht so perfekt zu spielen. Den Musikern kommt dabei ihre Ausbildung an klassischen Instrumenten zu Gute.
Auch aus einer anderen Sicht war der Abend bemerkenswert: das Konzert kam ohne elektronische Hilfmittel, ohne Mikrofon und Verstärkung aus. Die Instrumente reichten aus, das Foyer der Kammerspiel zu erfüllen. So war es eine schöne Gelegenheit, die eigenen Ohren mal wieder auf unverfälschten Klang zu eichen, neu zu kalibrieren. Das funktioniert vor allem in der zweiten Konzerthälfte, als der Barkeeper die sonst deutlich vernehmbar rauschenden Kühlschränke abgeschaltet hatte. Das Magdeburger Publikum war (wie immer) sehr diszipliniert und aufmerksam und ließ die leisen Töne bis zum Ende ausklingen. Das war Hifi pur.
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