Ronny Graupes Spoom, mit
Ronny Graupe – Gitarre
Jonas Westergaard – Bass
Christian Lillinger – Schlagzeug
Das Konzert begann mit etwas verhaltenen, scheinbar wie nebenbei dahingezupften Tönen auf Graupes Gitarre, die Musik wird aber bald von Lillingers dynamischem Drum-Sound förmlich vorwärts getrieben und dann geht es heftig los. Lillinger, den ich vor sieben Jahren¹ das erste mal bei Jazz in der Kammer sah (mit seiner Band "Hyperactive Kid" und auch damals bereits gemeinsam mit Ronny Graupe) erinnert mit seinen spontan einsetzenden Schlagzeugrhythmen, seinen plötzlichen Klangexperimenten, seinem lauten und kräftigen Spiel noch immer ein wenig an das sich am Schlagzeug austobende, etwas hyperaktive Kind aus dem Bandnamen. An der Präzision seines Spiels merkt man jedoch, daß dahinter mehr steckt als bloßes Experimentieren mit Klängen.
Dank elektronischer Verstärkung seiner Gitarre konnte es Graupe lautstärkemäßig gut mit Lillinger aufnehmen, spieltechnisch sind sich die beiden ohnehin ebenbürtig. Dennoch waren es gerade auch die wenigen ruhigeren Musikstücke, in denen die Musiker an den Saiteninstrumenten ihre Instrumente am besten zur Geltung brachten. So wie bei Hypnos (dem Gott des Schlafes gewidmet), wo auch Lillinger mal leise und behutsam spielen konnte. Für mich waren das die Musikstrecken, bei denen das Ohr auch mal ein wenig ausruhen, den Melodien folgen konnte.
Mitunter begaben sich Graupe und Lillinger auf musikalische Interaktionen, bei denen sie gegeneinander antraten und wie in "entangled" ineinander verwobene Quantenmechanik-Teichen umeinander kreisen ließen (um den Witz dabei zu verstehen muß man allerdings ein gewisses Faible für die Physik haben). Auch das Experimentieren mit den Tönen machte Spaß und ergab immer wieder interessante Nuancen. Dabei stand zwar immer wieder Lillinger im Mittelpunkt, wenn er etwa wie in "Canavera" Metall auf Metall quietschen und seine Gongs wie rückwärts wiedergegeben klingen ließ oder furios drauflos trommelte, aber auch Westergaard beteiligte sich mit seinem Baß daran, entlockte ihm Diskanttöne oder Schlagzeugklänge.
In ihrem Titel "Troll" spielen die Musiker mit einem Begriff, der in der Internetsprache die Bedeutung eines vorsätzlichen Provozierens hat. Beginnen Baß und Gitarre erst langsam und harmonisch, so mischt sich Lillinger mit Schlagzeug und Perussion immer wieder "trollend" (störend) ein. Bis dann Graupe und Westergaard dagegenhalten, und wenn dann Graupe seine Gitarre bis kurz vor dem Reißen der Seiten malträtiert, dann scheint er ebenso zurück zu trollen.
Die letzten beiden Stücke, "Wind" und "Es war die Nachtigall" kontrastierten nochmal miteinander. Kam der Wind noch als Herbststurm daher (oder dem Wetter angemessen wohl eher als winterlicher Schneesturm), der Blätter vor sich hertreibt und die Dachziegel klappern läßt, so endet das Konzert dann mit vergleichsweise sanften Tönen.
Im Konzert von Ronny Graupes Spoom war eine sehr schnelle, experimentelle zeitgenössische Musik zu hören, moderner Jazz – und nichts zum mal eben nebenbei hören. Viele der im Konzert gespielten Stücke sind auch auf der neuen LP des Trios enthalten. Ja, Sie lesen richtig und Ronny Graupe wies im Konzert auch darauf hin: eine Langspielplatte. So nostalgisch es klingt, LPs gibt es auch heute noch und Graupe erklärt sich damit als Freund der analogen Technik. Wer es aber gern digital haben möchte (oder vielleicht seinen Plattenspieler gar nicht mehr neben der Stereoanlage stehen hat), der bekommt mit der Platte einen downloadlink zum herunterladen der Stücke als mp3.
¹den Recherchen nach muß es 2006 gewesen sein, aber das lag noch vor dem Beginn der Aufzeichnungen zu diesem Blog, daher nur als ungefähre Angabe...
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