Montag, 18. Oktober 2010

Gesänge gegen den Gleichschritt

Jazz in der Kammer Nr. 200: mit einer kräftigen Bläser-Besetzung, mit Sprache und Musik. Keine Frage: Jazz und politische Musik, das geht. Und wie!
Ekkehard Jost – Saxophon
Friedhelm Schönfeld – Saxophon, Flöte
Wollie Kaiser – Saxophon
Christof Thewes – Posaune
Reiner Winterschladen – Trompete
Kubi Kubach – Bass
Willi Kellers – Schlagzeug
Dietmar Mues – Sprecher, Gesang
Ekkehard Jost, Kubi Kubach, Christof Thewes,
Reiner Winterschladen, Willi Kellers (verdeckt),
Friedhelm Schönfeld, Wollie Kaiser
und Dietmar Mues (von links nach rechts)

In seinem Programm »Gesänge gegen den Gleichschritt — politische Musik aus fünf Jahrhunderten jazzmusikalisch beleuchtet« setzt Ekkehard Jost politisch engagierte Musik aus den letzten Jahrhunderten mit der musikalischen Sprache des Jazz um, unterstützt vom kongenialen Dietmar Mues als Sprecher. Dabei ist "Sprecher" etwas zu vereinfacht, denn Mues spricht nicht nur, er rezitiert, singt, schreit und gestikuliert, wird Teil der Musik. Die große Besetzung mit Trompete, Posaune, Saxophonen, Klarinetten, Baß und Schlagzeug unsterstützt die Sprache musikalisch. Ich fühlte mich in weiterentwickelter Form an große Traditionen der 70er und 80er Jahre erinnert, beispielsweise an die hier im Osten nur über das Radio herüberkommenden Konzerte der NDR-Bigband, die auch oft mit Solisten und Sprecher auftrat.



Liane Bornholdt, Kulturreporterin der Volksstimme, schrieb über das Konzert:



Als er in den 70er Jahren in Magdeburg die ersten Free-Jazz-Konzerte erlebt hatte, sagte Warnfried Altmann zu Beginn, habe er diese Musik als politische Musik verstanden, als freie Musik der Offenheit. Deshalb sei das Projekt, das ihm Ekkehard Jost angeboten habe, auch eine ideale Festmusik zum 200. Mal "Jazz in der Kammer".

Die sieben Musiker und der Schauspieler Dietmar Mues haben politische Lieder aus fünf Jahrhunderten für ihre Jazzband arrangiert. Der Schauspieler las und spielte die Texte, fügte sie ein in die jazzig-rockigen Klänge, mit denen die Musiker die teils bekannten und manch weniger bekannten Lieder zu zeitgenössischer Musik machten. Da war beispielsweise "Ich bin ein freier Bauernknecht", ein aufsässig-zorniges Lied aus dem 17. Jahrhundert oder Erich Mühsams Gedicht "Wo bleibt ihr nur, Genossen meiner Zeit?", zu dem Jost selbst Musik komponiert hat. Das seien Lieder, so Ekkehard Jost, die sich vor allem gegen den "Gleichschritt" in den Köpfen wende, Lieder, die zu ihrer Zeit genauso wie jetzt zu Veränderung und Verbesserung ermutigen.

Dies musste gelingen, vor allem weil hier wirklich wunderbare und eben ermutigende, ebenso sensible wie kraftvolle Jazzmusik erklang.

Reiner Winterschladen, Friedhelm Schönfeld, Wollie Kaiser
Ekkehard Jost
Dietmar Mues

Nach dem Schluß der Gesänge gegen den Gleichschritt kam Warnfried Altmann mit auf die Bühne, und so klang der Abend mit improvisierten Stücken aus.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen